Als ob ein Porsche 911 Turbo S mit seiner grandiosen Fahrdynamik und bis zu 650 PS nicht schon spektakulär genug wäre. Es geht noch eine ganze Ecke schärfer und das hat fraglos seinen Preis. Wer knapp 550.000 Euro übrig hat, kann seinen Supertourer aus Stuttgart nach einer erfolgreichen Leistungskur im nordrhein-westfälischen Bottrop zum Hypersportler mit Alltagsqualitäten machen. Nach der imposanten Überarbeitung werden dem aufgeladenen Sechszylinder-Boxermotor im Heck spektakuläre 900 PS und wild bollernde 1.000 Nm maximales Drehmoment entlockt.
Die Optik zeigt zwar noch einen Porsche 911, doch irgendwie anders – düsterer, wilder, verdorbener. Zu oft sind bei den potenten Brabus-Geschossen in diesem Zusammenhang schon Vergleiche zu Darth Vader und Batman bemüht worden, die man sich an dieser Stelle – so passend sie sein mögen – ersparen kann. In jedem Fall gibt es für das gigantische Aufgeld nicht nur einen rustikal belederten Innenraum und die Leistungsspritze, sondern auch eine weitgehend neu kreierte Karosserie und das Porsche Signet auf Haube oder Lenkrad wird durch ein Brabus-Logo ersetzt.
Schürzen, Kotflügel, Seitenteile und Bürzelheck – all das hat bei den bekannten Elfer-Proportionen mit dem ursprünglichen Porsche 911 Turbo S nicht mehr viel gemein. Gigantische Karbonelemente sorgen allenthalben dafür, dass sich der Brabus 900 Rocket R als ein unerwartet eigenständiges Breitbaumonster präsentiert, das sich geradezu schamlos vom alles andere als dezenten Serienmodell abhebt. Nicht weniger aufwendig, zieht der Radsatz der 340 km/h schnellen Bodenrakete schon im Stand viele Blicke auf sich.
Der Bottroper läuft vorne auf 255/45 ZR 21 und hinten auf 335/45 ZR 22 großen Rädern im Aerodesign für eine perfekte Anströmung und eine nicht minder aufwendige Optik. Trotz des gewaltigen 21-/22-Zoll-Radsatzes hat der Brabus 900 Rocket R seine Nehmerqualitäten nicht vollends verloren. Er ist abhängig vom gewählten Fahrprogramm straff bis hart und bringt mit seinem variablen Allradantrieb seine Leistung in jedem Tempobereich mehr als imposant auf die Straße. Der Vortrieb ist selbst weit jenseits der 250 km/h mächtiger wie er kaum sein kann, während das ständige Bypass-Abdampfen des Auspuffsystems für Aufsehen sorgt.
Wer den Turbo-Allradler auf der Autobahn durchbeschleunigt, dem entgleisen angesichts der bis zu umgesetzten 1.000 Nm Drehmoment wenig überraschend geradezu die Gesichtszüge und allein die wohl konturierten Sportstühle mit Klimatisierung sorgen dafür, Herr der Lage zu bleiben. Der Rocket 900 kann immer, will immer und schiebt immer – wild und dabei doch so präzise zu kontrollieren, wie man es an einem Porsche 911 Turbo liebt. Eben nur von einem 911 Turbo S mit diesem gewaltigen Leistungsnachschlag, den selbst in der Liga der Supersportler niemand ernsthaft braucht.
Doch das Bild in diesem abgefahrenen Karbonkleid passt eben selten so perfekt wie beim Brabus 900 R Rocket, von dem nach aktuellen Plänen gerade einmal 25 Fahrzeuge hergestellt werden sollen. Spätere Nachfolgeeditionen mit ähnlicher Leistungsausbeute: keinesfalls ausgeschlossen.
Und den Sonderwünschen in Sachen Innenraum sind wie bei allen Individualisierungen der Bottroper kaum irdische Grenzen gesetzt. Die robuste Wabensteppung im gesamten Innenraum der Edition Masterpiece ist anders, als man es von den meisten Sportwagen kennt und erinnert gerade an Verkleidungen und Sitzen eher an einen exklusiven Geländewagen. Dabei ist die Griffigkeit von Lenkrad und Sitzwangen beeindruckend und gewinnt bei längerer Nutzung und der entsprechenden Patina wohl eher noch an Lebensqualität.
Was der 549.192 Euro teure Brabus 900 Rocket R neben seinen grandiosen Fahrleistungen, dem ungewöhnlichen Innenraum und der aufreizenden Karosserie bietet, ist das hohe Maß an Alltagsnutzen, das man von einem Porsche 911 – egal ob Turbo S oder nicht – eben kennt und auf jedem Kilometer genießt. Mit diesem Power-Brabus im Showoutfit geht es problemlos in die Arbeit oder auf eine längere Tour. Inklusiv Gepäck. Welcher Hypersportler kann das schon von sich behaupten?
TEXT Stefan Grundhoff