Das Erfolgsmodell VW Passat rollt im nächsten Jahr in seiner neunten Generation auf den Markt. Mit einer Einschränkung. Die Limousine wird es nicht mehr geben. Nur noch den Kombi. Diese Reduzierung auf nur eine Modellvariante können die Niedersachsen gut verschmerzen, da die Passat-Limousine ohnehin fast ein Schattendasein fristete. Wer partout eine Limousine in dieser Kategorie will, wird bei Skoda fündig, die nach wie vor auf beide Versionen setzen. Bei VW legt man Wert auf die Tatsache, dass der Passat nicht von Skoda entwickelt wurde, sondern das eine markenübergreifende Angelegenheit war.
Auch für die neunte Passat-Generation bildet der weiterentwickelte Modulare Querbaukasten MQB evo die Basis. Dass das keine Wortkreation findiger Marketingspezialisten ist, merkt man an verschiedenen Stellen, beginnend bei den Antrieben: Es wird beim Passat eHybrid Variant zwei PHEV-Versionen geben: Eine mit einer Systemleistung von 150 kW (204 PS) und eine mit 200 kW (272 PS). Die Kapazität der Batterie steigt auf 19,7 Kilowattstunden (netto, Vorgänger 10,6 kWh), was eine rein elektrische Reichweite von circa 100 km ermöglicht. Bisher waren es 61 Kilometer.
Passend zur größeren Kapazität hat sich auch die Ladeleistung des Onboardladers von 3,6 kW auf angemessene 11 kW erhöht, der jetzt mit maximal 50 kW Strom in die Akkus schaufelt. So sind die Batterien in etwa 25 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen. Die E-Maschine steuert bis zu 85 kW / 116 PS zum Vortrieb bei. Als Verbrennungsmotor kommt die neueste Ausbaustufe des 1.5-Liter-TSI-Turbobenziners zum Einsatz, was laut VW in einer Gesamtreichweite von mehr als 1.000 Kilometern resultiert.
Damit hört die Elektrifizierung nicht auf. Das 1.5 Liter eTSI Aggregat bekommt ein 48-Volt-MHEV-Modul (Riemen-Startergenerator) spendiert und leistet 110 kW (150 PS). Außerdem bietet VW noch zwei Turbobenziner (2.0 TSI) mit 150 kW (204 PS) und 195 kW (265 PS) an. Der Diesel (2.0 TDI) lebt im Passat B9 in drei Varianten weiter: mit 90 kW (122 PS), 110 kW (150 PS) und 142 kW (193 PS). Die beiden Top-Modelle mit Verbrennungsmotor sind mit dem Allradantrieb kombiniert, bei allen anderen hat die Vorderachse das Kommando. Kombiniert werden die Motoren mit Sechs- oder Siebengang-DSG-Getrieben. Eine Handschaltung gibt es nicht mehr.
Passend zu den neuen Antrieben hat VW auch beim Fahrwerk umfassend Hand angelegt. Beim optionalen DCC Pro kommen variable Zwei-Ventil-Dämpfer zum Einsatz, bei denen die Zug- und Druckstufe getrennt geregelt werden können. So reagieren die Dämpfer bis zu 1.000 Mal pro Sekunde auf Vertikalbewegungen, die durch die aktuelle Fahrsituation hervorgerufen werden. Das bedeutet: Auch im Comfort-Fahrprogramm können sich die Dämpfer verhärten, wenn es die Situation erfordert. Etwa bei höherem Tempo und einem Richtungswechsel.
Der Dirigent ist der aus dem Golf GTI bekannte Fahrdynamikmanager, der radselektiv eingreifen kann, bis zu 200 Mal pro Sekunde die Daten der Sensorik verarbeitet und unter dem Einbeziehen der elektronischen Differenzialsperre (XDS) blitzschnelle Entscheidungen trifft. „Bei Konflikten ist immer der Fahrdynamikmanager der Chef. Er ist für die Fahrdynamik verantwortlich“, erklärt Techniker Lars Frömmig. Die VW-Techniker haben die Vierlenker-Hinterachse unter anderem durch eine neue Kinematik, angepasst. „Schneller gemacht“, wie es Lars Frömmig nennt, damit diese den Anforderungen des neuen Fahrwerks gerecht wird. Die 15-Zoll-Reifen gehören der Vergangenheit an Bei der neunten Generation haben die Pneus 16 bis 19 Zoll.
Die Grenzen zwischen der Verbrennungsmotor-Architektur und dem Baukasten der Elektromobile sind fließend. Das ist nicht nur beim Fahrwerk falls, sondern auch bei den Fahrassistenten und dem Infotainment. Die basiert im B9-Passat auf der vierten Generation der VW-Infotainmentplattform MIB (Modularer Infotainment-Baukasten) mit dem vor allem die leidigen Softwareprobleme, die Markteinführung des Golf 8 verhagelt haben, der Vergangenheit angehören sollen. Auch die Bedienung soll durch virtuelle Direktwahltasten eingängiger werden.
Die Kommandozentrale bildet ein bis zu 15 Zoll großer Touchscreen und die digitalen Instrumente werden auf einem 10,25 Zoll Bildschirm angezeigt, der jetzt durch ein vollwertiges Windschutzscheiben-Head-up-Display unterstützt wird, anstelle der bisherigen Günstigvariante mit einem kleinen klappbaren Plastikbildschirm. Damit das Raumgefühl im Innenraum luftiger wird, ist der Automatikhebel an die Lenkradsäule gewandert.
Apropos Platz. Der Passat ist jetzt 4,917 Meter lang (plus 14,4 Zentimeter) lang. Damit wachsen sowohl der Radstand um fünf Zentimeter auf 2,841 Meter (Beinfreiheit plus 50 Millimeter) als auch das Kofferraumvolumen auf 690 Liter (plus 40 Liter). Legt man die Lehnen der Rückbank um, sind es 1.920 Liter (plus 140 Liter). Der neue Passat steht ab Februar 2024 beim Händler und kostet mindestens 39.990 Euro.
TEXT Wolfgang Gomoll