Diese Beschleunigung ist absolut brachial. Man muss in keine der omnipotenten G-, S- oder S-Klasse aus dem Hause Brabus steigen, damit einem die Gesichtszüge wahrhaft entgleisen. Und bis man vehementer als je zuvor in den Fahrersitz gepresst wird, biegt man vom Brabus-Firmengelände im Nordwesten des Ruhrgebiets gerade zweimal ab und drückt einmal aufs Gas. Als ob der Mercedes EQC nicht ohnehin schon mit einem beeindruckenden Beschleunigungsvermögen ausgestattet wäre – nach der Brabus-Leistungsspritze wird er zum Porsche-, AMG- und M-Killer im unscheinbaren Tarnanzug.
310 kW bzw. 422 PS
Dabei gab es statt der üblichen 300 kW / 408 PS / 760 Nm des Serienmodells eine für Brabus-Verhältnisse vergleichsweise dezente Leistungsspritze auf 310 kW / 422 PS. Deutlicher stieg das maximale Drehmoment auf 830 Nm und diese liegen wie bei einem Elektrofahrzeug bauartbedingt üblich ab dem Start an. Mit dem nachgeschärften EQC geht es nicht um das technisch machbare, sondern Brabus will das Interesse von Händlern und Kunden nach einem solchen Elektromodell abklopfen. Somit ist der leichte Leistungsnachschlag ein Testballon und soll Geschmack machen auf zukünftige elektrifizierte Elektromodelle mit dem dann vielleicht grünen B im dunklen Kühlergrill.
Bereits im Jahre 2011 hatte Brabus seine Fans mit dem 4WD Full Electric in Form einer elektrisierten Mercedes E-Klasse träumen lassen. Damals gab der Oberklassekombi 320 kW / 435 PS und gigantische 3.200 Nm maximales Drehmoment ab, das vier Radnabenmotoren so gut als möglich auf den Asphalt bannten. Das bedeutete 0 auf Tempo 100 in 6,9 Sekunden und immerhin 220 km/h Spitze.
Wie beim Erprobungsträger vor zehn Jahren muss der Verbrenner beim Brabus EQC nicht tief durchatmen und es gibt keine ein bis zwei Gedenksekunden, sondern der rund 2,5 Tonnen schwere Familien-SUV schiebt beim Ampelstart oder aus dem normalen Stadttempo brutal an, wenn man dem Gaspedal einen kleinen Schub gibt. Die Straße ist noch leicht feucht und so bekommt der Brabus EQC 400 sein gewaltiges Drehmoment trotz filigraner Kraftverteilung und Allradantrieb kaum auf dem Boden.
Der VW Transporter im Hintergrund verkleinert sich im Rückspiegel genauso in Sekunden wie der Ford Mondeo ein paar Minuten später auf der Landstraße Richtung Dinslaken. Aus dem Stand geht es 4,9 Sekunden auf Tempo 100. Trotz Brabus-Leistungsspritze bleibt es bei der abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Und das dürfte für die meisten der potenziellen Kunden deutlich zu wenig sein, denn auf der Autobahn macht dem Fahrer nicht die dann schneller schwindende Reichweite von maximal 360 Kilometern zu schaffen, sondern dass man auf der linken Spur keine Existenzberechtigung hat und einem selbst ein Mittelklassemodell lässig davonfährt.
Was der Brabus EQC ebenso kann, ist lässig cruisen, denn das lautlosen Dahingleiten ist eine der großen Stärken. Der Rekuperationsgrad kann per Wippen hinter dem Lenkrad (links stärker, rechts schwächer) variiert werden. Je nach Programm lässt sich der Brabus EQC allein mit Gaspedal (One-Pedal-Feeling) bewegen.
Geht dem Akkupaket langsam der Saft aus, ist der Fahrmodus „Max Range“ die Lösung. Zusammen mit dem Navigationssystem berechnet das System anhand des Streckenverlaufs, des Verkehrsflusses, den optimalen Weg zur nächsten Ladestation und hilft dem Fahrer haptisch, sie zu erreichen, indem ein deutlicher Druckpunkt im Gaspedal markiert, wie schnell man fahren darf, um auf der sicheren Seite zu sein. Dort angekommen, kann man mit einer Kapazität von bis zu 110 kW laden und die Akkus in etwa 40 Minuten zu 80 Prozent wieder erstarkt. Bei einer 7,4 kW-Wallbox beträgt die Ladezeit rund elf Stunden.
Eine der Stärken des Erprobungsmodelle ist der verfügbare Aerodynamik-Kit oder die schmucke Monoblock-Leichtmetallfelgen in 21 Zoll. In den vorderen Radhäusern drehen sich Reifen im Format 255/40 und hinten 285/35 R 21. Einiges Potenzial bietet die Brabus-Veredelung auch für den Innenraum an, denn hier merkt man dem Mercedes EQC am meisten an, dass er ein umgebauter Mercedes GLC ist. Da können ein paar neue Lederbespannung an Sitzen, Türtafeln und Verkleidungen schon Wunder bewirken und auch für die Lüftungsgitter in roségold hat Brabus die rechten Ideen im in der eigenen Sattlerei.
Ob der Brabus EQC in Kleinserie gehen wird steht noch nicht fest, doch die Chancen stehen nicht schlecht. Die Höhe des Preises dürfte sich eher nach dem Grad der Individualisierung als nach dem Leistungszuwachs bemessen. 120.000 Euro sind hier wohl nicht das Höchste der Gefühle.
TEXT Stefan Grundhoff; press-inform