Totgesagte leben länger. Das gilt vor allem für den Plugin-Antrieb der dritten Generation des VW Tiguan. Der SUV bekommt zwei Plug-in-Hybrid-Module unter die Karosserie geschnallt. Einen mit 150 kW (204 PS) und eine deutlich stärkere Variante mit einer Systemleistung 200 kW (272 PS). Auch wenn die Leistung teilweise vertraut klingt, bekommen die Teilzeitstromer-Varianten neuen Zutaten spendiert.
Im Zentrum steht eine Batterie, die jetzt aus 96 Modulen besteht, deren Zellen eine größere Energiedichte haben. So steigt die Netto-Kapazität der Akkus von 10,6 auf 19,7 Kilowattstunden und die Reichweite von 50 bis 80 Kilometer auf rund 100 Kilometer.
Gott sei Dank tut sich auch etwas bei der Ladegeschwindigkeit. Bisher waren es beim AC-Stromtanken lediglich 3,6 kWh, was alles andere als zeitgemäß ist. Nun erlaubt der Onboardlader 11 kWh. So füllt man die entladenen Akkus innerhalb von zwei Stunden wieder komplett auf. Eine weitere Neuerung ist, dass bei einem VW-PHEV erstmals Gleichstrom Schnellladen möglich ist. Maximal sind 50 kW machbar und die Akkus in 25 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt.
Das Herzstück des PHEV-Moduls ist ebenfalls neu. Bei den eHybrid-Modellen kommt 1.5-TSI-evo2-Verbrennungsmotor zum Einsatz. Bei den Teilzeit-Stromern wird dieses Aggregat mit einer E-Maschine gekoppelt, die 85 kW (115 PS) zum Vortrieb besteuert und in das Doppelkupplungsgetriebe DQ400e evo integriert ist. Bei der schwächeren Version leistet der TSI 110 kW (150 PS), bei der stärkeren Variante sind es 130 kW (177 PS). Das ist der aktuelle Top-Wert für das weiterentwickelte Triebwerk der bewährten Motorenbaureihe EA211, der mit einer variablen Turbinengeometrie ausgestattet ist und in dieser Kombination aus Effizienzgründen im Miller-Zyklus arbeitet.
Der Vierzylinder ist auch bei den eTSI-Modellen mit 96 kW (131 PS) und 110 kW (150 PS) das Herzstück. Ergänzt wird das Triebwerk mit einen 15 kW (20 PS) starken 48-Volt-Riemen-Startergenerator, der 25 Newtonmeter Drehmoment generiert. Weiter Benziner-Versionen sind mit einem EA888-Turbobenziner bestückt, der entweder 150 kW (204 PS) beziehungsweise 195 kW (265 PS) leistet. Die Top-Versionen haben dann auch einen Allradantrieb. Also auch der kräftigste Diesel mit 142 kW (193 PS). Wie beim Ottomotor gibt es den Tiguan mit dem EA288-Zweiliter-Turbodiesel ebenfalls mit Vorderradantrieb und 110 kW (150 PS).
Das Fahrwerk im Tiguan ist prinzipiell identisch mit dem des neuen Passat. Also bekommt auch er die Evolution des adaptiven Fahrwerks DCC mit dem Zusatz Pro. Das bedeutet variable Zwei-Ventil-Dämpfer, bei denen die Zug- und Druckstufe getrennt geregelt werden können. Diese Dämpfer reagieren bis zu 1.000mal pro Sekunde auf Vertikalbewegungen und verhärten auch blitzschnell, falls das nötig ist. Was vor allem bei einem SUV wichtig ist, um das Wanken zu reduzieren. Die Dämpfer des Tiguan haben logischerweise einen längeren Federweg als die des Passats und einen festen Anschlagpunkt.
Ein weiterer Unterschied sind die Ventile, mit denen die Dämpfer bei beiden Fahrzeugen bestückt sind. Beim Tiguan ist wie im Passat der Fahrdynamik Manager der Chef im Agilitätsring und auch das elektronische Differenzialsystem XDS+ nutzt, was letztendlich eine erweiterte Funktion des ESP ist. Im Gegensatz zum Passat, bei dem die Felgengrößen bei 19 Zoll enden, passen 20 Zöller in die Radkästen des Tiguan.
Die Basis des Infotainments bildet die vierte Generation des Modularen Infotainment Baukasten (MIB) mit dem 10,2 Zoll digitales Cockpit und dem zentralen Touchscreen. Die obere Bedienleiste und die erste Menüebene des großen Displays kann der Fahrer nach Gusto konfigurieren, während unten die Bedieneinheiten für die Klimaanlage fest definiert ist.
Wie beim Skoda Superb setzt VW beim Tiguan auf einen Drehknopf mit dem man lediglich die Lautstärke oder die Fahrmodi wählt. Teil des neuen MIB ist auch eine verbesserte Sprachbedienung. Ergänzt wird die Unterhaltungsabteilung durch ein klassisches Head-up-Display, das auf die Windschutzscheibe projiziert. Das Smartphone kann per Apple CarPlay oder Android Auto in das Infotainment eingebunden werden und lädt in einer von zwei gekühlten-15-Watt-Schaden induktiv.
Bei den Fahrassistenten schöpft der Tiguan III das VW-Arsenal aus, unter anderem mit dem Park Assist Pro, der die letzten 50 Meter eines Einparkmanövers aufzeichnet und dann auf Wunsch automatisch ausführt. Damit der Fahrer auch bei schlechtem Umgebungslicht sicher unterwegs ist, gibt es beim Tiguan III auf Wunsch die HD-Matrix Scheinwerfer. Das kompakte SUV kommt im Februar 2024 auf den Markt und kostet mindestens 36.600 Euro.
TEXT Wolfgang Gomoll