Der Namenszusatz macht viel her: Performante. Man muss kein Italienisch können, um das Wort Performance daraus abzuleiten. Und das bedeutet bei einem Sportwagen mehr Power. Und Kraft hat er, der Urus Performante, ohne Frage. Doch 666 PS sind gerade einmal 16 PS mehr als im bisherigen Urus. Eine Leistungsexplosion sieht anders aus, zumal der Motor selbst und seine Charakteristik im Wesentlichen unverändert sind. Das 4,0-Liter-V8-Biturbo-Aggregat stellt zudem wie bisher exakt 850 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung. Am Motor lässt sich die Evolution also definitiv nicht ausmachen.
Wo also dann? Beim Gewicht? Es ist unter Sportwagen auch eine beliebte Stellgröße für mehr Performance. Hier kommt man der Sache schon etwas näher. Klar, das Lamborghini-SUV ist kein Leichtgewicht. Die 2.150 Kilogramm des Urus Performante sind zwar nicht wirklich wenig, aber immerhin 47 Kilogramm weniger als ursprünglich. Für diesen knappen Zentner mussten sich die Lamborghini-Leute aber kräftig ins Zeug legen. Sitze auszubauen, Infotainmentsystem zu streichen oder Dämmmaterial wegzulassen, waren keine Optionen.
Besseres Leistungsgewicht
Schließlich erfüllt der Usus die Rolle des Daily-Lambo mit dem auch verreist oder die Familie befördert wird. Also musste subtiler vorgegangen werden. Der kostspielige Einsatz von Carbon brachte immerhin 7,3 Kilogramm, die fetten, mindestens 22 Zoll großen Schmiederäder nochmals 6,3 Kilo. Und selbst bei den Materialien im Innenraum konnten noch fünf Kilo rausgeholt werden. Größter Einzelposten ist allerdings die Abgasanlage. Die teure Ausführung in Titan bringt alleine über zehn Kilogramm. In Summe verbessert das den Wert für das Leistungsgewicht von 3,4 auf 3,2 Kilogramm pro PS.
Selbst an dieser Stelle klingt das Ganze noch wie Zahlenspielereien von Technik-Freaks. Bleibt also noch der Blick auf die Ausstattungsliste, die von einem Punkt dominiert wird: das Stahlfeder-Fahrwerk. Es kommt anstelle der Luftfederung zum Einsatz, die üblicherweise als Non-plus-ultra im Fahrwerksbau gefeiert wird. Sie bietet mehr Komfort, erlaubt eine größere Bandbreite an Dämpfungseinstellungen und lässt auch die Veränderung der Höhe zu. Die steifen Stahlfedern des Performante machen nichts dergleichen möglich und senken von Haus aus den Urus um zwei Zentimeter ab. Technisch sind sie genaugenommen ein Rückschritt, haben aber auch ein Riesenvorteil: Die Rückmeldung an den Fahrer ist ungleich direkter, spontaner und präziser – was auch der Grund ist, weshalb Top-Sportwagen einen Bogen um Luftfedersysteme schlagen.
Der Effekt im Urus Performante ist verblüffend. Dazu trägt natürlich auch bei, dass alle relevanten Systeme wie Dämpfer, Wankstabilisierung und Lenkung entsprechend angepasst wurden. Der Urus, schon bislang Maßstab unter den Performance-SUVs, sorgt als Performante für nochmals mehr Spaß am Steuer. Er fordert mehr vom Fahrer, eliminiert unsportliches Untersteuern und gibt dem Fahrer das Gefühl, Herr des Geschehens zu sein.
„Fahrspaß ist ein Wert, der uns wichtig ist“, erläutert Rouven Mohr, Cheftechniker von Lamborghini: „Er lässt sich nicht unbedingt in Zahlen messen. Man kann Autos entwickeln, mit denen Profis superschnelle Rundenzeiten fahren können, die Standardkunden aber überfordert und ihnen das Gefühl gibt, nicht schnell zu sein. Das macht sie nicht glücklich.“ Darum verfolgt man bei Lamborghini lieber eine andere Strategie. „Reine Zahlenwerte sind zweitrangig, es zählt für uns die Emotionalität des Fahrens“, ergänzt Mohr.
Tatsächlich scheinen Zahlenwerte beim Urus Performante nebensächlich – vor allem, wenn man sie mit dem ursprünglichen Urus vergleicht. Von null auf 100 km/h in 3,3 statt in 3,6 Sekunden, okay. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 306 km/h praktisch identisch. Und doch fährt er sich merklich anders und verschiebt den Grenzbereich nach oben. Auf der Rennstrecke macht das Spaß, auf unbefestigten Wegen ist die Überraschung perfekt. Er wühlt sich wild driftend durch den Schotter und zaubert dabei dem Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht, der sich bald für einen Rallyestar hält. Der eigentliche Star ist allerdings der neu eingeführte Rallye-Modus, der aus dem schweren SUV eine beherrschbare Heckschleuder macht, die lieber quer als längs durch die Kurven fährt. Sportfahrer wissen dabei: Das macht Spaß, ist aber nicht unbedingt schnell – also nicht in Zahlen zu messen.
Andere Zahlen sind dagegen schon messbar. Nämlich der Preis. Ein 650-PS-Urus kostete bislang 216.000 Euro. Der 666 PS starke Urus Performante kostet glatt 260.000 Euro. Viel Aufpreis für eine Rückrüstung auf Stahlfedern, einen Rallye-Modus, etwas weniger Gewicht und eine dezent muskulöser gewordene Optik mit neuem Heckflügel und mehr Sicht-Carbon. Verkompliziert wird die Sache dadurch, dass Lamborghini den alten Urus gestrichen und durch den Urus S ersetzt hat. Seine Optik ist auch aufgefrischt, wenn auch nicht so ausdrucksstark, vor allem aber leistet sein Motor ebenfalls 666 PS. Das Ganze gibt es „schon“ für 232.690 Euro. Und plötzlichen spielen Zahlen doch wieder eine Rolle.
TEXT Wolfgang Hörner für WALTER
Technische Daten Lamborghini Urus Performante
Motor: V8-Biturbo, Hubraum 3.996 cm3, Bohrung x Hub 86 x 86 mm, Leistung 490 kW / 666 PS bei 6.000 U/min, Max. Drehmoment 850 Nm bei 2.300-4.400 U/min, Getriebe Achtgangautomatik, Antrieb Allradantrieb
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 306 km/h, Beschleunigung 0-100 km/h 3,3s
Abmessungen: L x B x H 5.137 x 2.026 x 1.618 mm, Radstand 3.006 mm, Gewicht 2.150 kg
Verbrauch noch offen
Preis: 260.000 Euro