Der Wunsch, sich mit seinem Gefährt von den anderen zu unterscheiden, ist so alt wie Kutschen. Damals verzierte man Droschken mit Gold oder anderen edlen Materialien, heute sind die Ansinnen ausgefallener, vor allem, wenn man es mit Kunden wie denen des Zuffenhausener Sportwagenbauer Porsche zu tun hat. Menschen, die für einen Boliden mal eben mehrere Hunderttausend Euro auf den Tisch legen, haben ausgefallene Ansprüche und Wünsche. Die Bandbreite reicht von Innenraumausstattungen, speziellen Lackierungen bis hin Umbauten der Karosserie und Eingriffen in die Technik.
„Zu uns kommen die Kunden, die beim Händler keine Antwort auf ihre Fragen bekommen“, erzählt Boris Apenbrink, Leiter Porsche Exclusive Manufaktur Fahrzeuge. Einige Individualisierungen sind schon im Konfigurator anwählbar. Aber manchen ist das eben nicht genug. „Einer wollte den Zehnzylindermotor des Porsche Carrera GT in den 918 Spyder eingebaut haben“, erinnert sich Boris Apenbrink, Leiter Porsche Exclusive Manufaktur Fahrzeuge und ergänzt: “Als wir ihm erklärt haben, dass das mehrere Millionen Euro kosten würde, kam die Antwort: Ok, wo ist das Problem?“
Dass sich solche Pläne nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln lassen, liegt auf der Hand. In der Regel dauert die Umsetzung eines solchen Vorhabens ein bis zwei Jahre, bei wirklich aufwendigen Fahrzeugen sogar länger. Für die Klientel ist der Prozess fast noch wichtiger als das Auto, das daraus entsteht. Bei den Zuffenhausenern wird der Auftraggeber Teil des Teams, bekommt einen eigenen Werksausweis, stimmt sich regelmäßig mit Technikern und Designern ab. Oft geschieht das persönlich, indem der Käufer nach Zuffenhausen kommt.
„Den Kunden ist die Currywurst in der Werkskantine wichtiger als das Dinner im Christophorus“, erzählt Arda Çilingir, Spezialist Co-Creation. Damit es bei den Farben keine unliebsamen Überraschungen gibt, steht in den Räumen der Exclusive Manufaktur eine kleine Kabine, in der das Tageslicht mit einer Farbtemperatur von 6.500 Kelvin simuliert wird. Auch andere Umgebungen, wie etwa ein Garagenlicht, kann man da simulieren. Manchmal geht es aber auch ganz einfach, indem die Probe in die Hand genommen und ins Freie gebracht wird.
Wie bei einem Serienfahrzeug wird auch die Sonderanfertigung fein säuberlich dokumentiert. Ein Exemplar des Schriftstücks wandert in die Porsche Dokumentation und eines bekommt der Besitzer des Autos. „Der Auftraggeber bekommt das Gefühl, der Projektleiter zu sein“, verdeutlicht Designer Grant Larson.
Dem Formgeber kommt eine besonders diffizile Aufgabe zu, die Ideen des Interessenten zu Papier bringen. Allerdings sind dem Gestaltungswillen der Käufer Grenzen gesetzt. Die Marken-DNA steht über allem. Jedes Auto geht über den Tisch von Chef-Designer Michael Mauer und wenn der den Daumen senkt, wird aus dem Projekt nichts. Dass das der Klientel nicht immer schmeckt, ist klar, wer viel Geld ausgeben will, hat in der Regel eine Vision, die er auch umgesetzt sehen will. In so einem Fall sind die diplomatischen Fähigkeiten der Porsche-Mitarbeiter gefragt.
Ein Detail, das bei den Sonderanfertigungen immer wieder gerne ausgewählt ist das fliegende Pegasus-Pferd, das der legendäre Schauspieler James Dean auf seinem Porsche 550 Spyder hatte. Aber bei diesem Element muss die Tradition gewahrt werden. Einfach drauflackieren und gut ist es, gibt es bei Porsche nicht. Ganz entscheidend ist die Neigung des Pferdes. Nur wenn der obere Flügel drei Grad gegen den Uhrzeigersinn gedreht ist, passt alles. Allerdings ist die Umsetzung dieser Parameter aufgrund äußerer Umstände wie die Wölbung der Tür nicht immer einfach.
Bevor überhaupt es mit der Sonderanfertigung überhaupt losgeht, zahlt der Auftraggeber 100.000 Euro, um das Lastenheft zu erstellen. Wenn das Konzept nicht umsetzbar ist, dann ist das Geld weg. Doch das Ganze ist keine Einbahnstraße. Der Sportwagenbauer profitiert nicht nur durch die Einnahmen von den Spezialanfertigungen. „Die Kunden bringen uns auch Inspiration“, verrät Grant Larson.
Jedes Auto wird vor den Veränderungen zunächst ausgeliefert. „Die Kunden wollen Porsche im Fahrzeugschein stehen haben“, erklärt Boris Apenbrink. Also kommt es schon mal vor, dass ein Auto in New York ausgeliefert wird und dann postwendend zurück zu den Spezialisten nach Zuffenhausen geht.
Übrigens hat ein deutscher Kunde im Mai 1955 bei seinem Porsche 356 die Tradition der Sonderwünsche begründet. Er wollte einen Heckscheibenwischer.
Wolfgang Gomoll; press-inform