Den Audi 100 hatte es zuvor schon gegeben; aber gegen die internationale Konkurrenz waren diese kaum konkurrenzfähig und so sollte die Generation C3 mit der internen Bezeichnung Typ 44 ein großer Schritt werden. Doch direkt zum Start gab es ein Problem, das schon der Vorgänger vom Typ 43 in sich trug.
Um vom undefinierbaren Mittelmaß in die erste Liga aufzusteigen, galt es das Zylinderproblem zu lösen, denn in Sachen Image hatte man nur eine Chance, wenn man gegen die leistungsstarken Sechszylinder von Mercedes und BMW im Alltag bestehen konnte. Doch ein Sechszylinder passte nicht oder besser kaum in den Motorraum des neuen 44er-Modells und so sollten es bekannte Fünfzylinder richten, denen Brennverfahren und Zündfolge einen charismatischen Klang und eine gute Leistungsausbeute gaben.
Anfang der 1980er Jahre war bei der Marke mit den vier Ringen viel los. Es gab einen großen Plan – das Ziel in die Topliga der deutschen Autohersteller aufzusteigen und damit auch europa- und weltweit ganz vorne mitzuspielen. Hierbei kam dem vermeintlichen Aushängeschild des Audi 100 C3 der Generation Typ 44 und seinem leistungsstärkeren Schwestermodell Audi 200 mit entsprechenden Turbomotoren eine zentrale Bedeutung zu.
Gestartet war die Großoffensive bereits 1980 mit der Vorstellung des Audi Quattro. Er war der erste Großserien-PKW mit permanentem Allradantrieb. Wie revolutionär und überlegen dieses Allradkonzept war, zeigte sich insbesondere im Rallyesport: 1982 gewann Audi als erste deutsche Marke die Marken-Weltmeisterschaft, 1983 wurde Hannu Mikkola auf Audi Quattro Rallye-Weltmeister und 1984 vereinte Audi sowohl die Marken- als auch die Fahrer-Weltmeisterschaft durch Stig Blomqvist auf sich.
Daran sollte der neue Audi 100 anknüpfen, der 1982 in einer ganz anderen Disziplin Weltmeister wurde. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,30 war die Generation 44 seinerzeit die aerodynamisch günstigste Serienlimousine der Welt. Das Motorenspektrum umfasste Vier- und Fünfzylinder mit einem Leistungsspektrum zwischen schmalen 75 PS und 136 PS. Das Leistungsdefizit im Vergleich zur Konkurrenz aus München und Stuttgart versuchten die Ingolstädter mit geringem Gewicht und einer guten Aerodynamik auszugleichen.
Wer mehr Leistung wollte, konnte in den späteren Baujahren zum Audi 100 2.2 Turbo greifen, der Dank Aufladung immerhin 165 PS leistete oder er entschied sich für das nur leicht modifizierte Topmodell des Audi 200 mit über 182 PS und einer deutlich besseren Ausstattung. Andere Motorvarianten des 200er leisteten je nach Markt und Variante 136, 165, 200 oder 220 PS. Wer es geräumiger als in der Limousine wollte, stieg in den Audi 100 / 200 Avant an, der mit ungewöhnlichem Design und einem üppigen Laderaum glänzte.
Doch für viele ist der Audi 100 der Generation 44 nicht nur mit Aerodynamik, Allradantrieb und einer vollverzinkten Karosserie verbunden, sondern auch mit einem bis dahin einzigartigen Werbespot. In dem fuhr der deutsche Rallyepilot Harald Demuth in einem roten Audi 100 CS Quattro die steile Skisprungschanze Pitkävuori im finnischen Kaipola hinauf – nur mit Motorkraft und entsprechenden Spikes. So wurde der Allradantrieb in die Köpfe der potenziellen Kunden gebracht. Neben der C3-Basisversion und dem etwas sportlicher positionierten Audi 100 CS gab es noch die edleren Varianten CC und speziell CD mit Velourssitzen, elektrischen Fensterhebern, Schiebedach oder einer Klimaanlage.
Viele Extras, die im amerikanischen Schwestermodell des Audi 5000 serienmäßig waren und auch Ausstattungsdetails des Audi 100 wurden, der sogar bis zum Jahre 2004 in chinesischer Fertigung lief. Die hatte lokal FAW-Volkswagen übernommen und die viertürige Limousinen wurden in verschiedenen Versionen und mit wechselnden Antrieben bis hinauf zu einem V6-Triebwerk unter der Label der chinesischen Edelmarke Hongqi verkauft.
Doch während der Audi 100 C3 mit Fertigungen in Deutschland, Südafrika, Japan und China im Laufe seiner Produktionszeit zum Weltbürger wurde, gebar er mit dem 2.5 TDI den neuen europäischen Turbodieseltrend und das legendäre TDI-Label. Im September 1989 feierte der Audi 100 TDI als erste PKW-Diesel mit Direkteinspritzung auf der IAA in Frankfurt sein Publikumsdebüt. Der Audi 100 2.5 TDI mit seinem 2,5 Liter großen Diesel leistete Dank Direkteinspritzung, Abgasturbolader und Ladeluftkühlung 120 PS / 265 Nm.
Das Angebot des Audi 100 vom Typ C3 / 44 auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist überraschend klein; gute Modelle und speziell solche mit guter Ausstattung sind selten. Besonders begehrt die Topmodelle mit 2,2 und 2,3 Litern Hubraum und einem Leistungsspektrum von 133 bis 165 PS. Wer einen Klassiker sucht, kommt um die CD-Ausstattung ebenso kaum herum wie um den seinerzeit revolutionären Allradantrieb – gerne auch als Avant-Version.
Günstige Modelle starten als Fronttriebler bei rund 5.000 Euro; gepflegte Fahrzeuge mit Komfortausstattungen, Allradantrieb und einem H-Kennzeichen liegen bereits über 12.000 Euro, wenn die Laufleistung nicht weit jenseits der 150.000 Kilometern liegt. Immer wieder verirrt sich auch ein umgebautes US-Modell vom Typ Audi 5000 auf den europäischen Markt, der mit einer Luxusausstattung glänzt, jedoch durch seine voluminösen Stoßstangen kein Beau ist. Seine Chancen auf Wertsteigerungen sind klein.
TEXT Stefan Grundhoff für WALTER