Vor Jahren interessierte sich für einen Porsche 928 – das Raumschiff der späten 1970er Jahre – kaum jemand. Die Technik gilt als kompliziert, die Wartung teuer und der 928 war eben kein Elfer. Seinerzeit kein Kauftipp, hat sich das Bild komplett gewandelt, denn auch wenn der Porsche 928 als echter Gran Turismo an den verschiedenen Elfer-Generationen nicht kratzen kann, ist er heute ein begehrter Klassiker und längst nicht mehr günstig zu erstehen.
Dieses Schicksal dürfte im positivsten Sinne auch der Porsche 944 ereilen. Er ist der sportlichere 924, denn mit dem hatten es die Zuffenhausener wohl etwas untertrieben. Zu viel Audi-Technik aus dem Konzernregal, zu viele Gedanken an den VW-Porsche 914 und dann einfach zu wenig Dynamik und Sportlichkeit. Genau hier setzt der bulligere, kraftvollere und auch zeitgemäßere Porsche 944 an. Die Technik ist dabei abgesehen vom hubraumstärkeren Motor weitgehend identisch und damit verbleibt auch ein Makel, mit dem sich der vermeintliche Interessent des Klappaugenporsche arrangieren muss: aus welcher Konfiguration und welchem Baujahr der gewünschte Porsche 944 auch immer sein wird – er muss ebenfalls mit vier Zylindern auskommen. Das ist für viele Sportwagenfans ein No-Go.
Doch ansonsten kann man der Technik des Porsche 944 kaum etwas vorwerfen, denn abgesehen vom schmerzhaften Zylinderdefizit bietet der Sportwagen die bei vielen begehrte Transaxle-Bauweise – Motor vorn und Getriebe hinten. Volkswagen wollte Anfang / Mitte der 1970er Jahren einen bezahlbaren Volkssportler bauen, beauftragte Porsche mit der Entwicklungsarbeit und kippte das Projekt 1974 im Nachbeben der Ölpreiskrise. In Zuffenhausen glaubte man dagegen an das Projekt eines Sportlers für Jedermann und brachte zwei Jahre später den Porsche 924 auf den Markt. Das Einsteigermodell kostete nur etwas mehr als 23.000 D-Mark und war damit rund 10.000 D-Mark billiger als der günstigste 911er. Allen Unkenrufen zum Trotz hielten sich die ungeliebten Transaxle-Kinder aus Zuffenhausen bis zum Jahr 1995 und mehr als 400.000 Modelle fanden ihren Abnehmer.
Kein Porsche 944 ohne seinen Vorgänger 924. Das Design war klassisch, allemal sehenswert und mit Dreingaben wie Klappscheinwerfern und Kuppelheckklappe zeitgemäßer denn je. Trotz der überschaubaren 92 kW / 125 PS, die dem anfangs zwei Liter großen Vierzylinder entlockt wurden, ist auch der 924er ein Sportler, denn schließlich müssen mit der Leistung gerade einmal 1,2 Tonnen bewegt werden. Das mag nicht darüber hinwegtäuschen, dass der 1982 vorgestellte 944 mehr Dynamik, mehr Komfort und mehr Porsche ins Cockpit brachte.
Dabei wurde kaum ein Auto in der Porsche-Historie wurde derart häufig mit Überarbeitungen am Triebwerk bedacht, wie der Porsche 944, der an sich auf dem 924 Carrera / GTS basierte. Das Basismodell leistete überschaubare 110 kW / 150 PS aus einem Vierzylinder, der im Gegensatz zum 924er immerhin 2,5 Liter Hubraum hatte. Als der Porsche 944 nach zehn Jahren eingestellt und vom 968 abgelöst wurde, hatten die Turboversionen mit 250 sowie 300 PS die Einstiegsleistung im Laufe der Jahre verdoppelt. Statt der ehemals 2,5 Liter Brennraum boten die Topversionen später jedoch jene drei Liter, aus denen auch der Porsche 968 schöpfen konnte. Es blieb allerdings auch hier bei einem Zylinderquartett.
Auch wenn die Motorleistung gerade bei den ersten Modellen überschaubar war, ist das Fahrwerk des 944ers eine Klasse für sich. Dazu kommt die nahezu ausgewogene Gewichtsverteilung durch Antrieb, Tank und Getriebe an der Hinterachse, eine neutrale Lenkung ohne Antriebseinflüsse und eine sehr flache Sitzposition. Der Vierzylindermotor des Porsche 944 wurde aus einer der beiden V8-Zylinderbänke des größeren Porsche 928 abgeleitet. Mit dem ab dem Jahre 1985 verfügbaren Katalysator sank die Motorleistung von 120 kW / 163 PS auf 110 kW / 150 PS, was man dem Sportler aus Neckarsulm deutlich anmerkt. 1987 / 88 gab es leichte Leistungssteigerungen auf 160 bzw. 165 PS, die unter anderem durch eine Hubraumerweiterung auf 2,7 Liter realisiert wurden.
Ähnlich vielfältig wie unter der Motorhaube geht es im Innenraum zu. Die ersten 944er-Modelle hatten Cockpit und Sitze des 924er – gerne auch mit schwarz-weißem Pepita-Muster. Das fand sich auch auf den Türtafeln, die zumindest etwas Auflockerung in die Plastikwüste von Armaturenbrett, Türverkleidungen und Mittelkonsole brachte. Dazu gab es jeweils drei Runduhren hinter dem Dreispeichenlenkrad sowie drei kleine Rundinstrumente in der Mittelkonsole unter der klobigen Zentralbox und den Lüftungsdüsen.
Deutlich zeitgemäßer, aber wenig charismatisch sind die neueren Cockpits mit vier Runduhren hinter dem Vierspeichenlenkrad und viel schwarzer Freifläche drumherum. Die neue Mittelkonsole beheimatete keine Instrumente mehr, sondern nur neue Lüftungsdüsen, eine Digitaluhr, Radio und Kippschalter für Spiegelbedienung und Heckwischer. Statt der einzigen Pepitasitze sind die neueren Modelle zumeist mit Teilledersitzen mit Nadelstreifen, Lederstühlen oder Sportsitzen mit Porsche-Signet ausgestattet – oftmals sogar elektrisch verstellbar. Leider nur selten im 944 anzutreffen: Komfortdetails wie Sitzheizung oder eine Klimaanlage. Üppiger als bei anderen Sportlern: der große Kofferraum, der sich durch Umklappen der Rücksitzbank noch vergrößern ließ.
Die Technik des Porsche 944 gilt gemeinhin als sehr standhaft. Rostprobleme gibt es nur dann, wenn Tuningmaßnahmen das originale Modell verunstaltet haben. Von diesen Fahrzeugen sollte man ohnehin die Finger lassen. Elektrik und Elektronik sind ebenfalls solide. Zahnriemen (alle 80.000 km) und auch die Wasserpumpe sollten bei älteren Modellen gewechselt worden sein, denn sonst kann er sehr teuer werden. Das Fahrwerk hat keine nennenswerten Schwächen; jedoch sollte man Getriebe und insbesondere de Kupplung im Blick haben. So angenehm die Transaxle-Bauweise ist – Reparaturen sind teurer als bei einer normalen Konstruktion direkt am Motor. Die sportlichsten 944 verfügen Dank Turbopower über beeindruckende Fahrleistungen. Reparaturen am Turbolader selbst oder der Austausch gehen jedoch ins Geld – daher sollte man den Turbo aufmerksam kontrollieren.
Besonders beliebt sind bei den Klassikfans der 1980er Jahre die Versionen des Porsche 944 S, der Dank zeitgemäßer Vierventiltechnik aus 2,5 Litern agile 140 kW / 190 PS holte und bis zu 230 km/h schnell war. Doch nach zwei Produktionsjahren wurde der 944 S vom deutlich teureren und aufwendigeren 944 II abgelöst. Mit der Hubraumerweiterung auf 3,0 Liter gab es einen deutlichen Leistungsnachschlag auf 211 PS und eine geänderte Front, die das schmale Gesicht des einstigen Porsche 924 in die 1990er Jahren überführen sollte.
Mit einer entsprechenden Turboaufladung leistete der ab 1986 verfügbare 944 mit der internen Bezeichnung 951 zunächst 220 und dann 250 bzw. 300 PS. Dann waren auch mehr als 260 km/h drin. Was viele nicht wissen: der 944 ist als Coupé sowie Cabriolet und Targaversion zu bekommen. Doch beim eigentlichen Targamodell handelt es sich um eine Mogelpackung, denn er ist einfach ein Modell mit großem Schiebedach, dass sich elektrisch öffnen oder herausnehmen lässt. Bis heute tut sich das 944er Cabriolet wegen seiner überdimensionalen Heckklappe in Sachen Design schwer.
Beliebter sind auf dem Markt der Oldtimer die Coupéversionen, wobei gerade gut ausgestattete Cabriolets allemal ihre Fans haben. Preislich geht ein gut gepflegter Porsche 944 mit nachvollziehbarer Historie und 150.000 Kilometern bei 15.000 bis 18.000 Euro los. Gut ausgestattet und mit 190 oder gar 211 PS unterwegs, kostet ein Porsche 944 mit unter 150.000 Kilometern schnell 25.000 Euro oder mehr. Die US-Versionen sind durchweg deutlich günstiger, jedoch oftmals auch den ebenso mächtigen wie unansehnlichen US-Stoßstangen unterwegs. Eine Turboversion mit unter 80.000 Kilometern kostet schnell mehr als 40.000 Euro.
TEXT Stefan Grundhoff