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Abenteuer & Allradmesse. Auch ohne Elektro boomt die Offroad-Szene.

Europas größte Offroad-Messe, die Abenteuer & Allrad, macht deutlich: Raus will jeder, und auf Asphalt wollen viele verzichten – aber nicht auf den Verbrennungsmotor.

Diese Messe räumt gleich mit mehreren Vorurteilen auf. Zum Beispiel, dass Auto-Messen in Europa nicht mehr funktionieren. Gut, die Abenteuer & Allrad ist keine gewöhnliche Auto-Show. Hier dreht sich alles ums Fahren abseits asphaltierter Wege. Was bei Golf-Fahrern Unverständnis hervorruft, führt bei Offroad-Fans zu glänzenden Augen. Und von denen gibt es gar nicht so wenige: Zu Europas größter Spezialmesse pilgern jährlich an vier Tagen insgesamt rund 50.000 Menschen. Das Ganze findet natürlich nicht in wohl temperierten und mit feinen Teppichböden ausgelegten Messehallen statt, sondern outdoor auf einem ehemaligen Militärgelände oberhalb des beschaulichen Kurorts Bad Kissingen.

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Dort oben ist es schon ohne Sturmtief Ignatz richtig zugig. Die Offroad-Szene zeigte sich davon genauso wenig beeindruckt wie von der anhaltenden Pandemie. Ausstellerrückgang? Fehlanzeige. Jeder Platz war gebucht. Zwar kehrten einige Unternehmen während der Corona-Phase dem Event den Rücken. Doch der Veranstalter kämpft ohnehin alljährlich mit dem Luxusproblem, mehr Anfragen als Standplätze zu haben. So rückten in diesem Jahr erstmals Porsche mit dem Dakar-Siegerwagen von 1986 und Ineos mit der neuen Geländewagenhoffnung Grenadier nach.

Noch mit einer ganz anderen Erkenntnis wartet die Abenteuer & Allrad auf. Flaute in der Reisebranche? Ja, die gibt es ganz massiv, aber nicht bei Offroad-Reisen. Erlebte das Camping-Business – also die Anbieter von fertigen Fahrzeugen, von Ausbau- und Ausrüstungszubehör sowie von geführten Touren in abgelegene Regionen der Welt – schon vor Corona einen Boom, explodierte die Branche regelrecht während des Lockdowns. Die Folge waren noch mehr 4×4-Camper in Bad Kissingen als sonst. Zum allradgetriebenen Reisemobil wird umgebaut, was nur irgendwie geländegängig ist: vom kleinen Suzuki Jimny über Pickup-Arbeitstiere bis hin zu robusten Geländewagenklassikern wie der alte Toyota Land Cruiser und natürlich der legendäre Land Rover Defender.

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Den im wahrsten Sinne des Wortes größten Hype erleben dabei allradgetriebene Reise-Lkw. Die riesigen Trucks mit zwei oder drei Achsen, aufgebaut von Spezialisten wie Bimobil, Bumo, Krug, Terracab oder 4Wheel24, sind geeignet, um überall hinzukommen – nur nicht in Regionen wie den Gardasee oder die Amalfiküste. Die Kolosse haben nicht nur üppige Abmessungen und setzen fürs Reiseerlebnis einen Lkw-Führerschein voraus, sondern sie treiben im Vergleich zu normalen Campern Anschaffungs- und Unterhaltskosten in astronomische Höhen. Unter einer Viertelmillion Euro geht kaum etwas. Gespart wird an der technischen Basis, die nur selten neu ist, sondern ein bewegtes Leben bei Feuerwehr, Kommunaldienst oder Militär hinter sich ab. Trotzdem: Mehr denn je waren sie die vielbestaunten Stars der Messe – und Gesprächsstoff für viele Diskussionen. Neben den Kosten und den eingeschränkten Reisezielen sorgte bei vielen Hardcore-Offroadern die Ausstattung für Kopfschütteln: Von flauschigen Doppelbetten über Nasszellen mit Dusche und WC bis hin zu Küchen mit Induktionsherden und Waschmaschinen ist alles zu finden. Mit Camping im klassischen Sinn hat das wenig zu tun.

Deutlich rustikaler geht es bei einem anderen Trendthema auf der Abenteuer & Allrad zu: die Pickups. Es stimmt zwar, dass Mercedes die X-Klasse mangels Erfolg eingestellt hat und VW gegenwärtig keinen Amarok mehr produziert, um auf eine kostengünstige Gemeinschaftsproduktion mit Ford zu warten. Doch unter Offroad-Freunden hat der Stellenwert der Pritschenwagen spürbar zugenommen: robuste Technik, günstige Preise und ordentliche Geländegängigkeit sind Attribute, die man unter Neuwagen nur noch selten findet. Und so bieten immer mehr Umbauspezialisten Lösungen für Ranger, Hilux, D-Max & Co., an – zum Reisen, zum Spaßhaben im Steinbruch oder, oder, oder …

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Noch eine wichtige Entwicklung offenbarte die Messe: Die Zeiten, in denen ein Offroader einfach irgendwie hoch sein musste, sind weitgehend vorbei. Die Anhebung des Aufbaus mittels Distanzscheiben oder x-beliebigen Stoßdämpfern sind Vergangenheit. Hightech-Fahrwerke von Old Man Emu, Koni oder Bilstein sorgen heute für noch längere Dämpferwege, eine progressive Federung und viel Bodenfreiheit. Bei weitem nicht so innovativ sind die bevorzugten Antriebe: Plug-in-Hybride oder gar vollelektrische Fahrzeuge waren so gut wie gar nicht vertreten. Reichweitenangst und die Sorge um fehlende Ladesäulen sind in der Mongolei oder Zentralafrika durchaus berechtigt.

Schließlich offenbarte die Show von Bad Kissingen dann doch ein Problem, das auch im Gelände zunehmend zur Belastung wird. Ob Aluminium und Holz für Aus- und Aufbauten, in Übersee produzierte Bauteile wie Dachzelte und Hardtops oder Chips für Solaranlagen und Energiemanagement: Die stockenden Lieferketten und die gestiegenen Materialpreise machen immer mehr Umbauern zu schaffen. Lange Lieferzeiten sind die Folge. Kaum vorstellbar, dass der Camper-Boom also noch größer sein könnte.

TEXT Wolfgang Hörner; press-inform

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