Die Audioanlage im Ford Mustang GT Cabriolet gehört mit zum besten, was man bei B&O bestellen kann. Über 800 Watt, ein Dutzend Lautsprecher, die an optimalen Stellen verbaut sind und Umgebungsgeräusche aktiv ausfiltern können. Konzertsaalatmosphäre unter freiem Himmel. Genießer gönnen sich aber den sonor polternden Sound des V8-Motors – vor allem im offenen Cabrio.
Ja, in Zeiten des Downsizing und der vermeintlichen Kapitulation der großen Verbrennungsmotoren vor den elektrischen hat Ford unbeirrt seinen Fünf-Liter-Achtzylinder überarbeitet. “Wir denken noch lange nicht über sein Ende nach”, sagt Amko Leenarts, Fords Designchef für Europa. Die Amerikaner haben an dem mächtigen V8 so lange herumgeschraubt, gefeilt und konstruiert, bis seine 5.038 ccm Hubraum in die vorgeschriebenen europäischen Grenzwerte passten. Geht als doch. Wenn man nur will.
Im GT leistet der Motor nun – ohne Turbo und sonstige technischen Aufrüstung aber mit neuem Ansaugsystem – ehrliche 446 PS und ein maximales Drehmoment von 540 Nm, die ab 5.100 Umdrehungen anliegen. Entsprechend sind die Fahrwerte. Legen die Hinterräder erst einmal los, ist das Cabrio mit 10-Gang-Automatik binnen fünf Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Bei 250 km/h wird abgeregelt.
Ein Druck auf den roten Startknopf im Cockpit erweckt den Mustang zum Leben. Motor und Klappenauspuff bollern los, die beiden Bildschirme vor und rechts neben dem Fahrer leuchten auf, ein leichtes Vibrieren geht von den Sitzen aus durch den ganzen Körper. So fühlt sich Auto an. Den klobigen Wählhebel der Automatik auf “D”, sanft das Gaspedal drücken – und schon geht es ebenso sanft los.
Wer zu ungestüm mit dem Gas umgeht, der wird mit erst einmal mit durchdrehenden Reifen und seitlichem Versatz bestraft. Aber nach ein paar Drehungen fängt die Elektronik die Heckräder wieder ein. Platz ist vorne reichlich. Umso enger wird es im Kofferraum – gerade beim Cabrio. 310 Liter Gepäck passen rein. Und die Rückbank mit ihren voll ausgeformten Sitzen taugt allenfalls für kleine Kinder oder die Tüten des Wochenendeinkaufs.
Unterwegs auf den kurvigen Bergstraßen hier im Hinterland von Nizza wird die Fahrt im offenen Mustang zum Erlebnis. Je nach dem, wie man die Fenster herunter oder das Windschott hoch fährt hat man alles zwischen Orkan und lauem Lüftchen in den Haaren. Der Sound ist immer da, im Sport-Modus krakelt beim Abbremsen das Zwischengas. Man fühlt die Sonne auf der Haut, hat die unterschiedlichsten Gerüche ungefiltert in der Nase. Auch wenn der Markt was anderes sagt: Es gibt nichts schöneres, als mit dem offenen Cabrio abseits der überfüllten Hauptstraßen einfach so spazieren zu fahren. Beim Überholen trägt der V8 den Wagen einfach so vorwärts eher gemäßigt, dann immer schneller.
Jaaa, das kostet Sprit. Klimaschützer müssen jetzt ganz stark sein: Ford gibt den Durchschnittsverbrauch mit zwölf Liter je 100 Kilometer an. Gemessen haben wir nach gut 160 Kilometer Strecke eher einen Schnitt von knapp unter 16 Litern. Und wer sich durch den großstädtischen Stau quält, der muss auch mal mit 29 Liter Verbrauch rechnen. Da hilft der nochmals optimierte cw-Wert nicht wirklich.
Fahren lässt sich der 1,8 Tonnen schwere und in Flat Rock, Michigan, gebaute Mustang sehr komfortabel. Die Lenkung arbeitet exakt und mit der richtigen Dosierung an Rückstellkraft, Gas und Bremse (Klar: Brembo) arbeiten sehr fein dosierbar. Sechs Fahrprogramme bis hin zur Track-Einstellung für die Rennstrecke sind per Knopfdruck wählbar. In Kurven bleibt das Pony bei allem Temperament brav auf Linie.
Die Übersichtlichkeit ist – bei offenem Verdeck – sehr gut, geschlossen eher mäßig. Ein Wendekreis von 12,2 Meter ist auch noch ganz ok. Alle möglichen Assistenzsysteme sind drin im Mustang, teilweise abschaltbar wie die Geschwindigkeitswarnung oder Lane Control. Als Schaltung kann man zwischen einer 10-Gang-Automatik – die beim Runterschalten gelegentlich mal ruckelt – und einer Handschaltung mit sechs Gängen wählen.
Klar ist der Mustang wieder ein Hingucker – eines der wenigen Autos, nach denen sich die Leute am Straßenrand noch umdrehen. Kann einem Porsche kaum noch passieren. Klassisch proportioniert und mit einer Länge von 4.180 mm sorgt alles zusammen mit der Höhe von 1.388 mm dafür, dass der Mustang schon im Stehen sportlich dynamisch rüberkommt. Der Ford Mustang gehört selbst unter den Sportwagen zu den Ikonen. Seit er 1964 auf den Markt kam, wurden zehn Millionen Exemplare gebaut und in alle Welt verkauft – “außer am Südpol,” wie Leenarts anmerkt.
Die neue Generation wird ab sofort in Deutschland angeboten. Neben dem Cabrio bietet Ford den GT auch als Coupé an. Außerdem gibt es ihn (ausschließlich als Coupé) in der 453 PS starken Dark Horse-Version. Geplant ist als Kleinserie außerdem der über 800 PS starke und rein für die Rennstrecke gedachte GTD. Die Preise beginnen bei 59.900 Euro für den GT als Coupé. Das Cabrio kostet ab rund 65.000 Euro. Ein fairer Preis. Für das Geld gibt es nirgendwo anders einen Sportwagen mit klassischem V8.
TEXT Jürgen Wolff
Technische Daten Ford Mustang GT Cabriolet
- Motor: 5-Liter-V8 Hubraum: 5.038 cm3
- Leistung: 446 PS bei 7.250 U/min-1
- Max. Drehmoment: 540 Nm bei 5.100 U/min-1
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Beschleunigung 0-100 km/h: 5,0 sek.
- Getriebe: 10-Gang-Automatik
- Antrieb: Heckantrieb
- Verbrauch EU-Drittelmix: 12 l/100 km
- Gewicht: 1.876 kg
- Abmessungen (L/B/H): 4.810 x 1.916 x 1.388 mm
- Preis: 65.000 Euro (Basismodell: 59.900 Euro)