Vor 35 Jahren herrschte in der Fachwelt pure Begeisterung: Mit dem Porsche 959 wurde ein Fahrzeug erschaffen, dass den Begriff ‚Supersportwagen‘ definierte und mit dem seine Schöpfer alle vorhandenen Mittel ausreizten.
Der 959 sollte eigentlich für Erfolge im Rallyesport sorgen und gewann 1986 die Rallye Paris-Dakar. Das damalige Gruppen-Reglement forderte eine Homologationsserie von 200 Einheiten, die bei Porsche bis 1988 entstanden. Die Zahl der gebauten Exemplare löst übrigens regelmäßig Streit bei den Gelehrten aus. Häufig wird die Zahl 288 genannt. Porsche kommuniziert 292, darunter 29 in einer 1.350 Kilo leichten und 515 PS starken Leichtversion (959 S).
Auf Basis des 911 stellte Porsche mit dem 959 das schnellste Serienfahrzeug seiner Zeit auf die Räder und packte alles hinein, was das Unternehmen in den ersten 35 Jahren seiner Geschichte an technologischer Erfahrung gesammelt hatte: Biturbo-Motor mit Registeraufladung, elektronisch gesteuerter Allradantrieb, aerodynamisch optimierte Karosserie in Mischbauweise aus aramidverstärktem Kunststoff, Aluminium und Polycarbonat, 17-Zoll-Räder mit Magnesiumfelgen.
Von 0 auf 100 in nur 3,7 Sekunden
Der Sechs-Zylinder-Boxer mit 2,85 Liter Hubraum, wassergekühlten Köpfen und vier obenliegenden Nockenwellen produzierte eine unglaubliche Literleistung von 158 PS, gesamt 450 PS – genug, um aus dem Stand in 3,7 Sekunden Tempo 100 und eine mit 317 km/h gemessene Höchstgeschwindigkeit zu erzielen. Werte, mit denen man selbst 35 Jahre später noch glänzen kann und bei dem „die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen.“
Das Fahrwerk des 959 war elektronisch geregelt und auf Knopfdruck konfigurierbar, die automatische Niveauregulierung passt sich der Geschwindigkeit an, der Allradantrieb wird über ein komplexes Sensorsystem laufend abgestimmt und das organisch in die Karosse integrierte Heckleitwerk aus Kevlar garantierte bei hohem Tempo die nötige Bodenhaftung.
Eine ebenso sichere Verzögerung sollten großzügig dimensionierte, innenbelüftete Scheibenbremsen in Verbindung mit dem in jenen Jahren noch alles andere als selbstverständlichen ABS gewährleisten. Erstmals warnte ein neuartiges Reifendruckkontrollsystem vor plötzlichem Druckverlust. Viel Technik, die den stolzen Besitzer aber auch einige ungeplante Werkstattaufenthalte bescherte.
Der 959 galt als Vorbild für viele folgende Porsche-Generationen. Quasi ein fahrender Gruß aus der Zukunft. Und ein riesiger Imagegewinn für Porsche. Die Modelle waren im Nu verkauft – Zuffenhausen kam mit der Produktion des hochkomplexen Gefährts kaum nach. Trotz 420.000 Mark Grundpreis musste man die Autos verteilen, weil Spekulanten den Preis unter der Hand bis über eine Million trieben. Mit diesem Kaufpreis muss man heute für ein gut erhaltenes Exemplar rechnen – natürlich in Euro!
Ermuntert von dem 959-Hype kopierte Ferrari das Konzept des Supersportlers erfolgreich beim F40 ab 1988. Auch Porsche konnte nicht widerstehen und legte 1992 eine auf acht Einheiten limitierte Edition des 959 auf, die über eine verbesserte Niveauregulierung und Dämpfersteuerung verfügte. Trotz eines Verkaufspreis von irrwitzigen 747.500 Mark standen die Kunden erneut Schlange. Wenig überraschend: Diese Exemplare gelten heute als besonders begehrte Sammlerobjekte.