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S-Klasse W116. Die Geburt der europäischen Luxuslimousine.

Das Geburtstagsjahr 2022 ist fast zu Ende – die Mercedes S-Klasse der Generation W116 feierte zwölf Monate ihren 50. und das ist für jeden etwas ganz Besonderes. Dabei war der 116er weit mehr als das erste Topmodell von Mercedes, das die Bezeichnung S-Klasse trug. Der W116 definierte die europäische Luxuslimousine und nicht zuletzt die Marke Mercedes-Benz neu.

Die Schwaben können stolz sein auf ihre Historie, denn diese ist ohne jede Übertreibung einzigartig in der Automobilwelt und das nicht nur, weil Mercedes für sich in Anspruch nehmen kann, das Automobil erfunden zu haben. Es gab in rund 130 Jahren zahlreiche spektakuläre Sternenmodelle, doch kaum eines definierte die Automarke derart wie die S-Klasse der Baureihe W116.

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Gerade in Abgrenzung zu den gigantischen Straßenkreuzern aus den Vereinigten Staaten setzte sie Maßstäbe, wie der europäische Luxus auszusehen haben sollte – entwickelt in den späten 1960er Jahren – auf den Markt gebracht im bewegten Jahr 1972. Das Design setzte Bestmarken, denn es war unverkennbar deutsch und wohl auch schon europäisch, ohne die so wichtigen Überseemärkte außer Acht zu lassen. Viel Chrom, viel Eleganz und das alles ohne den sonst so verbreiteten Schnick-Schnack, der Modelle aus den USA, England oder Italien auszeichnete. Die Front mit ihren horizontalen Rechteckscheinwerfern ebenso eine Schau wie das sehenswerte Heck mit den mächtigen Lamellenleuchten. 

Die S-Klasse der Generation W116 brachte Mercedes auf einen Zukunftskurs, auf dem die Stuttgarter auch noch heute unterwegs sind und kreierte nicht nur ein weltweit anerkanntes Luxuslabel auf vier Rädern, sondern auch eine eigene Submarke, die bis heute Verkaufsrekorde in aller Welt sichert. Auch wenn die Nachfolgegeneration W126 wohl noch eleganter war und der mächtige W140er innovativer – die eigentliche Messlatte wurde 1972 aufgelegt und bis heute muss sich jeder, der im Luxussegment antreten will, mit den Attributen der ersten offiziellen S-Klasse messen lassen.

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Es war nicht glücklich, die erste Mercedes S-Klasse mit den Einstiegsmotorsierungen 280 S und 280 SE starten zu lassen. Wer ehrlich ist, muss selbst bei aller deutschen Zurückhaltung eingestehen, dass die soliden Sechszylinder in einer internationalen Luxuslimousine nichts zu suchen hatten. Erst mit leichter Verzögerung gab es die deutlich besser passenden Achtzylinder 350 SE und 450 SE – beide auf Wunsch gerne in der Langversion geordert, die unter anderem auch Wirtschaftsgrößen und Politiker durch die Welt chauffierte.

Helmut Schmidt fuhr in politisch schweren Zeiten ebenso einen gepanzerten Mercedes 450 SEL wie König Juan Carlos. Mit einem Gewicht von weit über drei Tonnen wurden die an sich dynamischen 225 PS des schwäbischen Luxusmodells nennenswert eingebremst, doch Sicherheit hatte eben ihren Preis. Doch auch Herbert von Karajan, Udo Jürgens, Frank Sinatra, Barry Manilow, Barbara Streisand oder Franz Beckerbauer waren gerne in der 116er-Baureihe unterwegs, wenn es auf kurze Strecken oder lange Reisen ging. 

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In Sachen Fahrkomfort, Prestige, Sicherheitsausstattung und Wertigkeit gab es in den 1970ern nichts Vergleichbares – weder von den späteren Konkurrenten Audi oder BMW noch von französischen, englischen oder gar amerikanischen Wettbewerbern. Mercedes spendierte seinem Flaggschiff in den acht Jahren Produktionszeit immer neue technische Finessen wie eine Sicherheitszelle, Tempomat oder Autotelefon. Dazu kamen Klimaautomatik, Sitzheizung, Rollos oder ein Soundsystem der damaligen Extraklasse. Ab 1979 konnte man erstmals sogar das Antiblockiersystem ABS für die S-Klasse ordern. Zwar hatten Autos wie der exotische Jensen FF schon vorher mechanische Antiblockiersysteme an Bord, doch die von Bosch als ABS patentierte Technik fand erst mit der S-Klasse ihren Weg in die Großserie.

Im September 1972 kostete das 4,96 Meter lange Basismodell 280 S mit Sechszylinder-Vergasermotor und 118 kW / 160 PS stattliche 23.800 D-Mark. Es folgten der 280 SE (Einspritzer mit 185 PS), der 350 SE (V8, 200 PS) und der 450 SE (V8, 225 PS). An der Spitze der Nahrungskette thronte ab dem Jahre 1975 letztlich der 450 SEL 6.9. Dieser war angesichts der noch exklusiveren Panzerversionen von 350 SEL / 450 SEL zwar nicht die teuerste Mercedes S-Klasse, aber die sportlichste ihrer Art.

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Diese mit 70.000 D-Mark teuerste Langversion des Luxuskreuzers maß 5,06 Meter, hatte eine hydropneumatische Federung mit Niveauregulierung und brachte knapp zwei Tonnen auf die Waage. Der 6,9 Liter große V8-Motor leistete spektakuläre 210 kW / 286 PS, beschleunigte die Limousine in acht Sekunden von 0 auf 100 km/h und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h. Das waren Fahrleistungen eines echten Sportwagens – doch dieser hatte fünf Sitzplätze und einen mächtigen Kofferraum.

Weil gerade in den USA die Ölkrise zuschlug, wurde die Mercedes S-Klasse ebenso wie einige andere Modelle mit Stern auf Wunsch mit dem ersten Turbodiesel in einer Luxuslimousine ausgestattet. Der 300 SD Turbodiesel holte mit seinem Fünfzylinder-Triebwerk der Bauart OM 617 aus drei Litern Hubraum schmale 85 kW / 115 PS und machte das deutsche Luxusmodell in einer wahren Wanderdüne – technisch jedoch bis heute nahezu unzerstörbar.

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Zahllose 116er-Diesel sind noch heute in Staaten wie Kalifornien oder Florida auf den Straßen unterwegs. Anfang der 80er Jahre verkaufte Mercedes in den USA fast 80 Prozent seiner Autos mit Selbstzünder – und Partikelfilter. Die letzte von über 473.000 S-Klassen der 116er-Baureihe lief im September 1980 vom Band, obwohl schon seit Dezember 1979 der elegante und technisch deutlich weiterentwickelte Nachfolger W126 gebaut wurde, der jedoch nicht mehr allein auf weiter Flur blieb. Seit 1977 hatte BMW seinen direkten Konkurrenten den 7er BMW im Markt positioniert.

TEXT Stefan Grundhoff für WALTER

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