Bitte einmal genau hinsehen. Richtig. Kenner der Marke BMW haben sicher schnell festgestellt, dass in der Bezeichnung des neuen Einsers ein „i“ fehlt. Nein, das ist kein Schreibfehler, sondern die Konsequenz aus der neuen Nomenklatur des Münchner Autobauers. Der Buchstabe „i“ ist künftig den vollelektrischen BMW vorbehalten und der BMW M135 xDrive ist das erste Fahrzeug mit Ottomotor, bei dem diese Bezeichnungsänderung umgesetzt wird. An den Agilitätsansprüchen, die an einen BMW gestellt werden, ändert das freilich nichts. Schon gar nicht, wenn er das M-Signet im Namen trägt.
Doch die Konkurrenz schläft nicht. Audi hat dem jetzt 333 PS starken S3 ein besseres Ansprechverhalten des Laders und vor allem den Torque Splitter aus dem Audi RS3 verpasst. Damit wetzt der Ingolstädter mit einer lockeren Leichtigkeit um die Ecken, die den Münchner Ingenieuren im BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Fangen wir beim Antrieb an. Der Zweiliter-Reihenvierzylinder prügelt mit 221 kW /300 PPS und einem maximalen Drehmoment von 400 Newtonmetern auf die Kurbelwelle ein. Damit hat der BMW gegenüber dem Audi leistungsmäßig schon mal das Nachsehen. Aber Daten sind die eine Sache, Fahrbarkeit die andere.
Ja. Verbrennungsmotoren können Sie nach wie vor in München. Auch wenn dem Triebwerk im M135 zwei Töpfe zur echten weißblauen Glückseligkeit fehlen, schlägt es sich doch in diesem Westentaschensportler ganz beachtlich. Das liegt auch an den Verbesserungen, die die Techniker dem Motor (interner Code B48T2) angedeihen ließen. Ganz kampflos wollen die Münchner vor der Ingolstädter PS-Wucht die Waffen dann doch nicht strecken.
Also erhält der Vierzylinder unter anderem eine duale Einspritzung, also zusätzlich zur Direkteinspritzung noch eine Saugrohr-Einspritzung, andere Turbolader mitsamt dem Miller-Zyklus-Brennverfahren (bessere Effizienz), ein neues Zündsystem mit einstellbarer Zündfunkendauer für eine bessere Verbrennung im Zylinder und eine optimierte Lagerung des Aggregats, damit es bei der Start-Stopp-Funktion weniger rüttelt.
Schön, dass die Bayerischen Motorenwerke bei all dem Rummel um die Neue Klasse ihre Kernkompetenz, die sie groß gemacht hat, nicht vergessen haben. Ab 4.000 Touren jodelt der Bayer mithilfe der Soundsystem im Innenraum so vollmundig und voluminös, dass man trotz des Playbacks versucht ist, einen Schuhplattler-Tanz hinzulegen.
Der findet dafür auf der Straße statt. Der 1.550 Kilogramm schwere BMW erreicht aus dem Stand nach 4,9 Sekunden Landstraßentempo und ist bis zu 250 km/h schnell. Der Allradantrieb sorgt dafür, dass diese Kraft auch auf den Asphalt kommt. Zwar erreicht der Münchner Westentaschensportler nicht ganz die Kurvengier des S3 mit dem Torque Splitter an der Hinterachse, aber auch beim M135 schnalzen wir jedes Mal mit der Zunge, wenn es um die Ecke geht.
Beim Einlenken leistet das in das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe integrierte und auf die Vorderachse wirkende mechanische Sperrdifferenzial ganze Arbeit und verleiht dem 1er flinke Füße. Dabei macht sich auch das im Vergleich zum Sechszylinder geringere Gewicht des Motors positiv bemerkbar. Nähert man sich dem Scheitelpunkt, springt ihm das Heck zur Seite und unterstützt den Richtungswunsch des Piloten engagiert, aber nicht zu aufdringlich. Mit dem BMW M135 xDrive ist man entspannt sauschnell (Verzeihung) unterwegs. Das liegt auch an der Lenkung, bei der sich BMW ebenfalls auf seine Wurzeln besinnt und dieser wieder etwas mehr Mitteilungsfreude einhaucht.
Die Federn und Dämpfer komplettieren den bajuwarischen Dreiklang. Das Sportfahrwerk mit den mechanisch geregelten frequenzselektiven Dämpfern lässt die Fahrgastzelle fünf Millimeter tiefer über die Straße fliegen. Auch ohne die elektronisch gesteuerte adaptive Regelung erfüllen die Beine des BMW M135 xDrive ihren Zweck. Das Fahrwerk ist sportlich-straff, ohne brutal-knackig zu sein. Und das, trotz der montierten 19-Zoll-Reifen. Dank der guten und bequemen Sportsitze kann man so mit dem M135 auch auf lange Touren gehen.
Den Weg zum Ziel weist das Infotainment mit dem 10,7-Zoll-Touchscreen, dem Head-up-Display und dem 10,25-Zoll Bildschirm für die digitalen Instrumente. Immerhin arbeitet in diesem Einser die neueste Version des BMW-Betriebssystems (OS 9), dessen Menüführung jedoch bisweilen etwas zu verschachtelt ist. Der von uns so geschätzte iDrive-Controller fehlt nach wie vor. Dafür sind wohl Platzgründe verantwortlich, weil ansonsten die Mittelkonsole das Raumgefühl im Kompaktsportler zu sehr beengen würde.
Auch an den Abmessungen der gekrümmten Monitore und den vorhandenen Hartplastikknöpfen merkt man, dass das Infotainment schon etwas angestaubt ist. Immerhin hat BMW die Unterhaltungsdivision aufgepeppt. Das 5G-Datenvolumen ist inklusive, die Darstellung des Navigationssystems ist detaillierter inklusive Satellitenansicht und Kurvenwarnung, das Tanken kann man jetzt im Infotainment bezahlen und Apps von Drittanbietern sind verfügbar. Allerdings hat der BMW M135 xDrive mit 56.200 Euro auch seinen Preis, das sind 600 Euro mehr als der Audi S3 Sportback.
TEXT Wolfgang Gomoll