Die schmerzenden Rippen gehören mittlerweile zum Standard- Repertoire bei der Mitfahrt in einem Elektro-Sportler. Auf der Geraden vollzieht Ex-Formel 1-Fahrer Nick Heidfeld einen Kickdown, der uns erst in den Sitz und dann die Luft aus den Lungen presst. Und das, obwohl der 2,2-Tonnen-Sportler aktuell noch mit gebremsten Schaum unterwegs ist – sprich knapp 956 kW / 1.300 PS von den angestrebten 1.397 kW / 1.900 PS. „Das wird das schnellste italienische Auto“, schmunzelt Ingenieur Paolo Dellachà.
In einer ruhigen Minute geben die Schöpfer des Pininfarina auch zu, dass die PS-Power nicht zufällig gewählt ist, sondern einen Respektabstand zu solchen Verbrennungsmotor-Alpha-Tieren wie den Bugatti Chiron herstellen soll. Der schafft allerdings mehr als 400 km/h, während beim Battista bei 350 km/h Schluss ist. Immer noch schnell genug.
Jetzt geht es um die Ecken. Auf dem Handlingkurs innerhalb der 12,6 Kilometer langen Hochgeschwindigkeits-Suppenschüssel von Nardo muss der Battista zeigen was er kann. Geradeaus ist keine Kunst, in den Kurven trennt sich auch bei einem Elektromobil die Spreu vom Weizen. Vier Elektromotoren – vorne zwei mit jeweils 250 kW / 340 PS und hinten zwei mit jeweils 450 kW / 612 PS sorgen für die Traktion. Gewicht und geringer Bauraum bestimmen die Technik des Battista. Die beiden vorderen E-Maschinen wiegen jeweils 25 Kilogramm und sind in etwa so groß wie eine Ananas. Hinten sind es 65 Kilogramm und ein Schuhkarton. Auch der Inverter ist extrem kompakt.
„Wir zeigen das technisch Machbare und setzen eine neue Referenz“, sagt Director of Sportscars René Wollmann. Bei einem Preis von 1,75 bis 2,2 Millionen Euro ist das auch möglich. Aus dem ursprünglich angedachten zwei Gängen ist ein Einganggetriebe geworden „Das hat 45 Kilogramm gebracht“, erklärt Wollmann.
Schnell wird klar, dass sich die Tüftelei in Dynamik auszahlt: Die Basisabstimmung und das Technikpaket des Boliden passen. Und das, obwohl das agilitätsversprechende, weil gezielte aktive Torque-Vectoring, das mit dieser Triebwerksanordnung problemlos realisiert werden kann, noch quasi inexistent ist. „Der mechanische Grip steht über allem“, predigt René Wollmann, der sich bei Mercedes AMG sich um das Hypercar Project One gekümmert hat, ehe er die Alpen überquerte. Der Battista setzt Diktion des Technikers fast buchstabengetreu um. Egal welchen Radius die Kurve hat, der Battista carvt angesichts seiner guten zwei Tonnen Gewicht behände um die Ecken, kann aber die Pfunde nicht ganz kaschieren.
Das dürfte sich bessern, sobald das Torque Vectoring perfektioniert ist. Der Könner am Lenkrad muss schon jetzt kaum korrigierend eingreifen, zumal der Pininfarina Battista deutlich kommuniziert, was er vorhat und man selbst rechts vorne spürt, wie die Reifen arbeiten. „Das ist schon ziemlich gut“, grinst Nick Heidfeld zufrieden, der sich nach den Testfahrten intensiv mit den Ingenieuren, die den Anmerkungen des ehemaligen Formel 1- und Formel E-Fahrers interessiert lauschen.
Auch die Spreizung der Fahrmodi Calma (ruhig), Pura (rein), Energica (Energie), Furiosa (Furios), Carattere (Charakter / das ist das Individual-Fahrprogramm) ist deutlich spürbar. Ansehnlich ist der massive Wähl-Drehknopf auf alle Fälle. Zur Energiezurückgewinnung stehen zwei Modi zur Auswahl: das Segeln oder die starke Rekuperation.
Die Tests laufen auf Hochtouren, Ende Sommer soll der Battista, der mehr GT als Tempobolzer sein wird, auf den Markt kommen. Insgesamt neun Prototypen sind in Betrieb, fünf fahren und „zwei werden richtig hergenommen“ (Wollmann). Das Carbon-Monocoque, die Batterie und das „Skateboard“ stammen vom Kooperationspartner Rimac und werden beim Battista-Technikverwandten Rimac C-Two verwendet.
Das Fahrwerk, die Lenkung und die Kalibrierung der Software, die die vor allem die Fahreigenschaften des Sportwagens definieren, nehmen die Italiener selbst vor. Etwa 100 Personen aus 19 Nationen arbeiten an diesem Projekt, das so etwas wie das Leuchtturm-Auto ist, weitere werden folgen. Die Erfahrungen, die das Team beim Battista sammelt, sind für die nächsten Vehikel wertvoll.
Der Battista ist zum Erfolg verdammt. Die solventen Kunden legen einiges an Geld hin und erwarten sowohl ausgereifte als auch innovative Technik. Eine Herausforderung für die Ingenieure. Ein wichtiges Element ist die rund 650 Kilogramm schwere Batterie, die eine Kapazität von 120 Kilowatt hat und damit dem Sportler eine Reichweite von rund 500 Kilometern beschert. „Es gibt nichts Schlimmeres als Reichweitenangst“, sagt Rene Wollmann.
Also wird die Batterie mit 180 kW in rund 25 Minuten zu 80 Prozent gefüllt sein, diese Zeit wollen die Techniker noch weiter drücken. Die 800 Volt-Technik der Batterie macht es möglich. Die Zellen müssen auch effizient gekühlt werden, damit die schnellen Sprints auch mehrere Male möglich sind. „Es gibt einen Kniff bei der Kühlung, den darf ich aber noch nicht verraten“, gibt sich Wollmann geheimnisvoll. Dass die Batterien nicht zu warm werden, ist wichtig, damit der Bolide auch nacheinander mehrere Vollsprints auf deutlich mehr als 250 km/h hinlegen kann.
Auf künstlich aufgesetzten Motorklang wollen sie bei Pininfarina übrigens verzichten, der modulierte Sound kommt direkt von den E-Maschinen.
TEXT Wolfgang Gomoll; press-inform