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Lamborghini Countach. Geflohen aus Area 51.

Als der Lamborghini Countach vor fünf Jahrzehnten seine feisten Walzen auf den Mutterboden setzte, hielt die Autowelt mehr als nur ein paar Sekunden den Atem an. Das spürt man bis heute. Ein Ausritt durch die Alpen hinterlässt schwarze Striche auf dem Asphalt, staunende Rinder und verwirrte Dörfler. In München glotzt nicht nur die verstörte Leopoldstraße.

Über Geschmack lässt sich streiten, aber der Lamborghini Countach ist fraglos eines der spektakulärsten Autos, die es je gegeben hat. Kein Lambo ist mehr Lambo als der Countach. Amen. Der düstere Retro-Countach, der heute durch die gewohnt überfüllten Münchner Gassen brüllt, unterscheidet sich unspektakulär wenig von den Gallardo- oder Huracan-Nachfolgern, die düster-martialisch verklebt ihre Prototypenrunden auf den Rennstrecken dieser Welt drehen.

Man würde die Historie verkennen, würde man beim Gedanken an den Countach allein in Jubelarien verfallen. Als der Nachfolger des famosen Lamborghini Miura das automobile Licht der Welt erblickte, erzitterte die Sportwagenwelt in ihren Grundfesten. Ferrari schüttelte den unspektakulären 512 BB aus dem Ärmel, Porsche glänzte mit dem ersten 911 Turbo. Andere Gegner wie Aston Martin und Maserati waren zum Start der Flower-Power-Granate unpässlich.

Dass sein kantiges Raketendesign polarisierte, wäre schlichtweg eine famose Untertreibung. Doch wer beim Quartettspiel auf dem Schulhof mit einem Countach seine Gegner ausstach, der brauchte in den nächsten zwei Tagen nicht mehr nach den Hausaufgaben zu fragen. Mehr Zylinder, mehr Hubraum waren damals kaum zu finden. Zu den schnellsten gehörte der 4,14 Meter lange Supersportwagen sowieso.

Lamborghini Countach 25 Edition 8

Im Kreise der kindlichen Kumpane konnte man beim Kartenspiel zwar Anerkennung ernten, doch geliebt wurde man mit dem italienischen Donnervogel nicht. Das war in der Realität kaum anders. Wer den Countach, mit 1,07 Meter kaum höher als ein schicker Stiletto, pilotierte, der war anders. Schnell – gewiss, doch extravaganter als erlaubt, eben einfach anders. Einen Countach fuhr, wem ein Aston, ein Monteverdi, ein Porsche oder ein Ferrari zu langweilig war. Das riecht man förmlich, als der brüllende V12 vorbei an der bayrischen Staatskanzlei kurzeitig in den Münchner Untergrund Richtung Museumsviertel verschwindet.

Über einen hakeligen Stock wird heruntergeschaltet nach links oben in Gang Nummer zwo. Diese scharfe Schleuder brüllt und hat selbst im trockenen Probleme ihre Potenz über die 345er Hinterreifen in den Asphalt zu bannen. Die Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbetriebe blicken auf und zollen dem schwarzen Ufo nur im geheimen Beifall. Wüssten sie, wie unbequem man mit 1,90 Metern und über 100 Kilogramm in dem wilden Italoboliden sitzt – sie würden klatschen. Laut und deutlich.

Lamborghini Countach 25 Edition 3

Kein Vergleich zu heute, wo sich Lamborghini mit Audis Gnaden dem sinnvollen Allradantrieb verschrieben hat. Valentino Balboni, jahrzehntelanger Cheftestfahrer der Marke schüttelt darüber noch heute den Kopf. „Ich habe kein Auto lieber gefahren als den Miura. Das war ein Auto – da kommt keiner ran. Auch nicht die aktuellen Modelle“, erinnert sich Balboni. Die aktuellen Modelle von Lamborghini prahlen als wilde Stiere. Doch Allradantrieb, automatisiertes Renngetriebe und elektronische Rettungsanker machen emotionale Renner wie Aventador oder Huracan ebenso schnell wie berechenbar. Wild war gestern – und der Countach war wohl der letzte seiner Art.

Auf der Autobahn Richtung Garmisch zeigt der Lambo was er kann. Die Kupplung erfordert einen starken linken Oberschenkel und die fehlende Servolenkung lässt den Ausritt mit dem Unknown Flying Object zu einem spektakulären Workout werden. Locker pflügt das Feindbild jeder Ökobewegung durch die billige Fiat-Tachoskala gen Süden.

Zurück auf der Landstraße geht das Bodybuilding in die Profiphase. Zumba Dance war gestern – es lebe der Kurven-Lambo! In engen Kurven oder im Grenzbereich gab es einfachere Renner. Das wilde Heck, das kleine Steuer und mächtig Dampf im Hintern. Die Zylonen wären zu Recht geflohen, denn der Countach hätte sie pulverisiert. Einen Lambo zähmen? Nahezu unmöglich – damals wie heute. Fußballprofis liebten ihn, Stars und Sternchen parkten ihn ebenso gern in der Hofeinfahrt wie das Rotlichtmilieu, das den Countach gerne farbenfroh chauffierte.

Lamborghini Countach 25 Edition 1

Oft wird vergessen, was für ein exzellenter Sportwagen der Mega-Lamborghini eigentlich war. Am deutlichsten wird das in den Jahrgängen 1988 bis Anfang 1990. Die Sonderauflage zum 25. Geburtstag verkaufte sich sagenhafte 658 Mal und ist bis längst begehrter denn je. Wer heute einen sucht, wird so schnell keinen finden. Geänderte Front- und Seitenspoiler sowie modifizierte Lufteinlässe unterscheiden das Sondermodelle äußerlich vom 1985 eingeführten Countach Quattrovalvole, bei dem die Vierventil-Technik erstmals zum Einsatz kam.

Der letzte Countach wurde schließlich am 4. Juli 1990 produziert und rollte gleich ins angeschlossene Museum, während der erste Diablo vom Band lief. Selbst Nicht-25er-Editionen des Countach kosten aus dem Ende der 1980er Jahre schnell 200.000 bis 250.000 Euro. Die optisch und technisch seinerzeit oftmals verunglimpften Versionen der Endsiebziger und Anfangachtziger gibt es längst nicht mehr für 60.000 oder 80.000 Euro.

Lamborghini Countach 25 Edition 7

Wer einmal die Möglichkeit hat, einen der letzten Exemplare zu bewegen, kann sich glücklich schätzen. Es ist eng, das Einsteigen die Hölle und rückwärts einparken geht am besten mit offener Tür und rücklinks auf dem Türschweller sitzend. Die Grenzen der Fahrdynamik bestimmt allein der Fahrer, der mehr Pilot denn Führerscheininhaber sein sollte. 0 auf 100 km/h in unter fünf Sekunden ist machbar – wenn man seine Sinne und Motorik im Zaum hat.

Im Rücken brüllt einen der 5,2 Liter große Zwölfender an, wohl um einen Anzufeuern, endlich mehr Gas zu geben. Mehr, immer mehr, bis es nicht mehr geht – die 455 PS machen alles möglich. Das maximale Drehmoment von über 500 Nm ist bei 5.200 Touren irgendwie kaum spürbar vorbei gerauscht. Man hat bei dem ohrenbetäubendem Lärm und einer zunehmenden Affenhitze anderes zu tun, als sich mit Zahlen zu befassen.

Es geht wieder zurück in die bayrische Landeshauptstadt. Längst hat man sich mit dem entflohenen Flugobjekt aus der Area 51 arrangiert, nein angefreundet. Erst bei 290 km/h ist auf der Autobahn das Ende des Schauspiels erreicht. Die Hände sind feucht, nein nass und es ist einfach nur der Hammer.

Zurück am Siegestor wird der Dämon aus Santa Agata abgestellt. Das Einparken ist selbst vorwärts der Horror. Die Lenkung schwer wie ein Medizinball, dazu sieht man exakt nichts. Zum Glück wird auf einen aufgepasst, denn das Münchner Publikum schart sich schnell um das Raumschiff, das zurück zu seiner Sternenflotte kommt. Den Zündschlüssel gedreht und aus. Die Tür schwingt nach oben und erst jetzt spürt man, dass durch die dreiteiligen Fenster nur ein müdes Lüftchen in den verbauten Innenraum gelangt war. Dieses Auto verschlägt einem den Atem – so oder so. Übrigens ganz nebenbei: Herzlichen Glückwunsch zum 50. Geburtstag, lieber Countach.

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Der wohl bekannteste Countach ist jedoch keines der 658 Modelle der 25er-Edition, sondern ein früheres Werk von 1979. Der Lamborghini Countach LP 400 S mit der Fahrgestellnummer 1121112 war einer der automobilen Hauptdarsteller in der Actionkomödie „Auf dem Highway ist die Hölle los“ von 1981. 40 Jahre nach Erscheinen des legendären Streifens wird der schwarze Bolide wird vom National Historic Vehicle Register der US-Kongressbibliothek in die Liste der bis heute gerade einmal 30 Fahrzeuge aufgenommen, denen eine nationale Bedeutung für die Vereinigten Staaten von Amerika bescheinigt wird.

TEXT Stefan Grundhoff

LESENSWERT.
WALTER.