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Mercedes 500 E. Das Porsche Projekt 2758.

Vor 30 Jahren konstruiert Porsche als Auftragsarbeit den Mercedes 500 E. Zwei Zeitzeugen erinnern sich.

Im Jahr 1988 erhält die Porsche AG den Entwicklungsauftrag für den Mercedes 500 E von der Daimler-Benz AG aus Untertürkheim. Das Lastenheft sieht eine „konstruktive und versuchstechnische Serienentwicklung des Basistyps W 124“ mit V8-Vierventilmotor und fünf Liter Hubraum aus dem 500 SL vor.

Mit seinem serienmäßigen Viergangautomatikgetriebe spurtet der – je nach Modelljahr – bis zu 326 PS starke Mercedes 500 E in 6,1 Sekunden auf Hundert, die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt, das maximale Drehmoment liegt bei 480 Newtonmeter.

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„Viel Leistung, ohne auffällig zu sein, dynamisch und luxuriös zugleich. Der Mercedes 500 E ist kein Krawallfahrzeug, er steht für pures Understatement und fällt erst auf den zweiten Blick auf“, sagt Michael Mönig aus dem Prototypenmanagement über das Spitzenmodell der Baureihe und Michael Hölscher, Projektleiter Entwicklung, erinnert sich: „Für uns war der Auftrag sehr wichtig, um eine gute Auslastung in Zuffenhausen und Weissach zu bekommen.“

Mercedes 500 E

Das Prozedere ist klar definiert: Mercedes-Benz liefert Karosserieteile von Sindelfingen nach Zuffenhausen, im Werk 2 fertigt das Team von Porsche die Karosserie daraus sowie aus eigens produzierten Teilen wie beispielsweise den markanten vorderen Kotflügeln. Anschließend reisen die Karosserien zurück nach Sindelfingen, wo sie lackiert werden.

Finalisiert werden die Fahrzeuge danach im Rössle-Bau in Zuffenhausen, wo die Endmontage und der Motoreneinbau stattfinden. Die Herstellung dauert 18 Tage, jeder Mercedes 500 E absolviert zweimal die Strecke von Zuffenhausen nach Sindelfingen. „Logistisch gesehen war das Hin- und Herschicken der Fahrzeugteile eine große Herausforderung, schließlich mussten die entsprechenden Teile zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle angekommen sein“, beschreibt Hölscher.

Projektstart mitten in der Krise

Der Zeitpunkt für die Kooperation der Stuttgarter Autohersteller hätte nicht besser gewählt werden können. Porsche befindet sich in einer Unternehmenskrise, sinkende Erträge im Exportgeschäft, rückläufige Produktion, die Kennzahlen fast durchgehend negativ. „Eine der Lehren aus dem Projekt in diesen schwierigen Zeiten ist die, dass man jede Herausforderung annehmen sollte. Mit solchen Aufträgen konnten wir die Mannschaft halten“, schildert Hölscher, der von 1982 bis 2016 bei Porsche arbeitete, bevor er sich in den Vorruhestand verabschiedete.

Anfangs fertigt der Sportwagenhersteller zehn Fahrzeuge pro Tag, aufgrund der Nachfrage erhöhen die Verantwortlichen schon kurze Zeit später auf 20. „Wir befinden uns hier am Zählpunkt 0, dem Geburtsort des 500 E“, erzählt Mönig. Der Einbau von Fahrwerk, Getriebe und Motor in die Karosserie, die sogenannte Hochzeit, läuft unter der Ziffer 4, Zählpunkt 8 benennt die Auslieferung.

Erstaunliche Fahrleistungen

Die Daimler-Benz AG kauft Porsche Ende der Achtzigerjahre als Entwicklungsdienstleister ein, weil die eigene Fertigungsstraße der Baureihe 124 in Sindelfingen zu klein ist. Mit der breiteren Karosserie des Mercedes 500 E, der später im Rahmen einer Modellpflege in E 500 umbenannt wird, ist eine Eigenproduktion ausgeschlossen. Eine Änderung der Vorrichtung hätte sich für das Unternehmen nicht gelohnt. Der 500 E soll auf den ersten Blick wie ein W 124 aussehen und doch Maßstäbe setzen. 56 Millimeter breiter als das Basisfahrzeug, 23 Millimeter tiefer. Bei Porsche läuft der Mercedes 500 E unter dem Arbeitstitel „Projekt 2758“.

Geänderte Scheinwerfer zur Luftansaugung

In Weissach führt Mönigs Team Ende der Achtzigerjahre sämtliche Entwicklungsarbeiten am 500 E durch. Händisch bauen er und seine Kollegen dort die ersten 14 Basisfahrzeuge um, ab dem 15. mit neu konstruierten Rohbauteilen und zu ändernden Serienteilen im Bau 1, dem damaligen Prototypenbau. Die Erstellung von Demonstrationsfahrzeugen hilft Mercedes bei der Entscheidung, in Serie gehen zu können.

„Wenn man das Fahrzeug heute betrachtet, ist es fast unglaublich, wie es vor 30 Jahren ohne CAD-Daten so perfekt konstruiert werden konnte. Meine größte Hochachtung gilt den Kollegen vom Karosseriebau und vor allem deren Vorstellungsvermögen“, sagt Hölscher, während er die Limousine mustert wie einen alten Bekannten, den er viel zu lange nicht gesehen hat. Er und Mönig gehen immer wieder in die Hocke, bewundern die voluminösen Kotflügel, eines der Merkmale, das den Mercedes 500 E von den Serienmodellen der Baureihe 124 unterscheidet.

Mercedes 500 E

„Wir haben hier die Entwicklung des Mercedes 500 E geplant und hart daran gearbeitet, dass der große Motor in das vergleichsweise kleine Fahrzeug passt“, erzählt Hölscher. Für die bessere Gewichtsverteilung weicht die Batterie dem Motorraum und findet hinten rechts im Kofferraum Platz, Brems- und Abgasanlage werden aufwendig überarbeitet, Kotflügel und Stoßfängerverkleidungen vorne und hinten verändert. Um viel Luft zu bekommen, atmet der Achtzylindermotor durch den Spalt, der die beiden Scheinwerfer umrandet. Porsche verantwortet mit bis zu 90 Prozent nahezu alle Entwicklungsarbeiten, die für die Integration der Antriebs- und Fahrzeugkomponenten notwendig waren.

Weiter geht es von Weissach nach Sindelfingen, zur Station 4 der Ausfahrt. Mönig zeigt sich überwältigt am Steuer. „Die Längsdynamik ist spektakulär. Ich habe an das Fahrzeug nur gute Erinnerungen, weil ich damals als junger Ingenieur mit viel Verantwortung betraut wurde. Der Mercedes 500 E ist und war mein Lieblingsprojekt“, resümiert er.

Bis April 1995 entstehen 10.479 Exemplare des Fahrzeugs, allesamt Viersitzer, weil das Differential so groß ist, dass in der Mitte der Rücksitzbank kein Platz für eine Sitzfederung war.

TEXT und FOTOS Porsche Newsroom

LESENSWERT.
WALTER.