Der X3 gehört mit mehr als 3,5 Millionen verkauften Einheiten zu den Bestsellern der Bayerischen Motoren Werke. Eine hohe Messlatte für die vierte Generation des Mittelklasse-Crossovers mit den internen Baureihenbezeichnung G45, die im vierten Quartal dieses Jahres bei den Händlern stehen wird.
Natürlich wird es auch einen Plug-in-Hybriden mit 299 PS, einer stärkeren E-Maschine als bisher, einem Drehmoment von 450 Newtonmetern und einer rein elektrischen Reichweite von rund 90 Kilometern geben, der aber erst später in das Geschehen eingreift. Für China hat BMW auch noch eine Version mit langem Radstand in petto.
Bei den ganzen unterschiedlichen Varianten ist es beruhigend zu wissen, dass sich die Münchner immer noch auf ihre Kernkompetenz besinnen und in den X3 einen Reihensechszylinder unter die Motorhaube packen. Die Techniker haben dem Twin-Power-Turbo (Code B58) mit seinen 381 PS ein Mildhybrid-Modul mit 18 PS spendiert und so unterm Strich 398 PS und 580 Newtonmeter Drehmoment herausgekitzelt.
Diese Kraft hilft, wenn es mal etwas flotter vorangehen soll. Mit knapp zwei Tonnen ist der X3 kein ausgewiesenes Leichtgewicht. Aber die Bayern-Power-wuchtet den X3 innerhalb von 4,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Bei 250 km/h ist Schluss. Dampf ist also genug vorhanden. Vor allem im Sport-Fahrmodus spielt der Sechsender seine Stärken aus und beschleunigt in einem Zug unter voluminösen Trompeten zügig durch.
Bei einem Fahrzeug mit dem blau-weißen Flugzeugpropeller auf der Motorhaube geht es nicht nur um das Geradeausballern. Auch in den Kurven muss ein BMW in der ersten Liga spielen. Als wenn diese Aufgabe nicht schon schwer genug wäre, soll die ganze Sache auch noch möglichst komfortabel ablaufen. „Das Ziel ist mehr Aufbau-Kontrolle bei entsprechend gutem Langstreckenkomfort“, fasst Fahrdynamiker Florian Dietrich zusammen. Ein typischer Zielkonflikt, bei dessen Bewältigung die Ingenieure auf bewährte Maßnahmen zurückgreifen. An erster Stelle steht eine steifere Karosserie, die besser an das Chassis verbunden ist. Das ist aber nur ein Teil der Lösung. Auch die Lager an den Achsen sind steifer und vor allem die striktere Anbindung der Querstabilisatoren helfen bei der Querdynamik. „Das bringt mehr Verbindlichkeit“, sagt Dietrich.
Diese Maßnahmen zeigt die gewünschte Wirkung. Der BMW X3 M50 macht dem M in seinem Namen alle Ehre und carvt sauber um die Ecken. Um dieses neutrale Fahrverhalten zu erreichen, helfen der traktionsfördernde Allradantrieb und die breitere Spur vorne sowie hinten (bis zu 45 Millimeter). Erst wenn man eine deutlich verschärfte Gangart wählt, machen sich das Gewicht und der hohe Schwerpunkt bemerkbar. Bei dieser Querdynamik fällt die hohe Sitzposition auf, man thront mehr auf dem Gestühl, als dass man in ihm sitzt. Auch bei der Lenkung haben die Techniker Hand angelegt. Mit Erfolg. Das war auch nötig, denn die BMW-Lenkung zeichnete sich eher durch hohe Rückstellkräfte als durch Präzision und Kommunikationsfreude aus.
Die gewonnene Sportlichkeit geht nicht zu Lasten des Langstreckenkomforts. Das Fahrwerk des neuen BMW X3 ist weniger staksig wie der Vorgänger und federt nicht so hölzern ab. Dass ein M50 keine Sänfte ist und auch nicht sein kann, versteht sich eigentlich von selbst. Aber selbst in der Sport-Einstellung klettert man nach 150 Kilometern nicht mit Rückenschmerzen aus der Fahrkabine. Die Karosserie wippt nicht nach und schont so die Mägen der Insassen. Auch das Raumgefühl ist aufgrund der größeren Abmessungen luftiger als bisher: Der X3 ist jetzt um 3,4 Zentimeter länger (4,77 Meter) und mit 1,92 Meter um 2,9 Zentimeter breiter.
Im Interieur setzt jetzt auch BMW auf die Recycling-Karte und verwendet einen Stoff, der aus recycelten PET-Flaschen gewonnen wird. Ganz neu ist diese Idee freilich nicht. Immerhin ist die Marketingabteilung mit der Bezeichnung „Econeer“ um die Ecke gekommen. Wo wir gerade bei Kunststoff sind: Für ein Auto, das mindestens 82.500 Euro kostet, ist der Hartplastikanteil ungewöhnlich hoch. Die Verkleidung des Head-up-Displays und der Interaction Bar mit dem man unter anderem die Luftdüsen steuern kann, passen nicht zu dem süddeutschen Premiumanspruch. Was BMW geritten hat, diese Art der Bedienung einzuführen, erschließt sich nicht. Vor allem nach der verhaltenen Begeisterung, die den VW-Touch-Slidern entgegenschlägt, um es höflich auszudrücken.
Bei den gekrümmten Displays blickt der Fahrer auf ein 12,3 Zoll großes digitales Instrumenten-Cockpit. Als Kommandozentrale für das Infotainment dient ein 14,9 Zoll-Touchscreen. Dass der Münchner Autobauer nach wie vor auf den iDrive-Drehknopf setzt, finden wir klasse. Allerdings haben sich die Architekten des BMW Operating System 9 ein wenig verrannt. Die Menüstruktur ist verschachtelter als bisher und nicht immer eindeutig. Auch beim Head-up-Display rennen die Münchner der Kapelle hinterher. Während die Konkurrenz wie Audi oder Mercedes schon seit Längerem die Augmented Reality auf die Windschutzscheibe projizieren, fliegen die Richtungspfeile beim X3 nur auf dem Display des Touchscreens. Das ist vor allen dann verschmerzbar, solange das SUV vernünftig um die Kurven fliegt.
TEXT Wolfgang Gomoll