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Der neue Mercedes-AMG SL R 232. Erprobungsfahrt.

Der neue Mercedes SL soll zu den sportlichen Wurzeln der legendären Baureihe zurückkehren. Deswegen haben auch die AMG-Dynamikspezialisten bei der Neuauflage das Zepter in der Hand. Wir konnten auf den Landstraßen rund um den Nürburgring einen Eindruck gewinnen, ob das sportlich-elegante Ansinnen geglückt ist.

„Sehen Sie, der Wagen bleibt absolut stabil“, strahlt Jochen Hermann und bewegt gleichzeitig das Volant leicht nach links. Wie aufs Kommando bewegt sich der Mercedes SL in die vorgegebene Richtung und wie mit dem berühmten Zirkel gezogen, durcheilt der Roadster die Kurve. Jetzt geht es in die andere Richtung. Der berühmt-berüchtigte Lastwechsel, der manchen Boliden zum unbeabsichtigten Tänzeln brachte. Nicht den Mercedes Roadster. Eine leichte Gegenbewegung des Volants und der SL zieht unbeeindruckt seine Bahn. Kein Nachlenken, kein Wippen, kein großartiges Neigen. Der Vorderwagen bleibt auch bei flottem Kurventempo stabil, was auf eine Wankstabilisierung schließen lässt. „Darüber kann ich noch nichts sagen“, schmunzelt der AMG-Technikchef. 

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Auch bei den Motorisierungen hält sich Hermann bedeckt. Auf das sonore Brabbeln angesprochen, sagt er verschmitzt: „Wer einen V8 will, will auch so einen Klang“. Also dürfte es sich beim leicht getarnten Fahrzeug um einen 63er AMG handeln, der mit rund 600 PS auf die Hinterachse einprügelt. Die zahlt auf ihre ganz besondere Art in das Querdynamik-Ansinnen des Roadsters ein, indem sie kontrolliert mittänzelt. „Im Fahrmodus Sport plus lasen wir sie etwas mehr von der Leine“, sagt Jochen Hermann, ehe er in einem Zug eine entspannte 180 Grad-Kehre hinlegt. Aha, eine Hinterachslenkung hat der neue SL also auch. Einen kräftigen Zwölfzylinder wird es im Mercedes-AMG SL der Baureihe R 232 dagegen nicht geben. Wer sich ganz oben auf der Roadster-Nahrungskette ansiedeln will, sollte zur Hybridversion greifen, die die 700-PS-Marke locker knacken dürfte.

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Für die Affalterbacher Tuning-Division war eines klar. „Wir bringen das Auto dahin zurück, wo es herkommt, und machen einen alltagstauglichen Sportwagen“, verdeutlicht Jochen Hermann. Also weg von dem komfortablen, aber doch etwas behäbigen aktuellen Modell. Das Stoffdach, das ohne Magnesium-Platten auskommt, ist der optische Beweise für den Zurück-zu-den-Wurzeln-Paradigmenwechsel. Klingt einfach, ist aber alles andere als trivial. „Für mich muss sich ein Sportwagen präzise, vorhersehbar und wiederholbar verhalten“, gibt der Ingenieur Einblick in die Prioritäten des Lastenhefts.

Ein wichtiger Stellhebel, um diese Ziele zu erreichen, ist das Fahrwerk, in das die AMG-Ingenieure viel investiert haben. Dabei hilft es, dass die Truppe um Jochen Hermann vor fünf Jahren auf „einem weißen Blatt Papier“ mit der Entwicklung des Roadsters begonnen hat. Das fängt schon bei der neuen Architektur an, die aus einer Kombination eines Aluminium-Spaceframe mit einer selbsttragenden Struktur besteht. Die zielgerichtete Verwendung verschiedener Leichtbau-Materialien wie Aluminium, Magnesium und Faserverbundwerkstoffen gibt den Ingenieuren die Möglichkeit, dem Fahrzeug die gewünschte Dynamik einzuhauchen.

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Beim Definieren des Fahrverhaltens hilft die Software im Zusammenspiel mit der Erfahrung (im wahrsten Sinne des Wortes) der Techniker. Denn für den SL gilt die Maxime des sportlichen Gleiters – und das in jeder Situation. Das spüren wir auch beim Durchschalten der verschiedenen Fahrprogramme. In Sport plus strafft sich der SL spürbar, ohne nervig hart zu werden. Auch schlechten Straßen reagiert das Fahrwerk nicht polternd oder unwirsch. Auch Querfugen bringen das Fahrwerk nicht dazu, die Contenance zu verlieren. Genaueres kann erst eine ausgiebige Testfahrt ergeben.

In der Dynamikeinstellung meldet sich der Achtender AMG-typisch hörbar zu Wort. Im Comfort-Modus ist der Aufbau nicht so kompromisslos angebunden, wippt aber nicht nervig nach. Dem Technik-Chef liegt viel daran, dass die Abstimmung des neuen Mercedes-AMG SL orthodox abgelaufen ist. Das bedeutet: Erst eine möglichst perfekte Einstellung des Fahrwerks, ehe die Verfeinerung per Software in Angriff genommen wird.

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Der Umstieg vom Klapp- auf das Stoffdach hat einige Konsequenzen. Um den Platz für das Verdeck und die beiden Plätze des Zwei-plus-Zweisitzers zu bekommen, ist das Getriebe nach vorne direkt hinter den Motor gewandert. Die Hinterachslenkung beansprucht ebenfalls Bauraum, der so gewonnen wird. Apropos Bauraum. „Das Auto war ein Kampf um jeden Millimeter“, erzählt Jochen Hermann und zeigt auf das flach ausgestellte Radhaus des vorderen Kotflügels. „Das wollen die Designer und die Ingenieure brauchen den Platz für das Fahrwerk“, verdeutlicht Hermann das Ringen der beiden Autobau-Fraktionen. Der Kompromiss ist gelungen. Dazu kommt der AMG-obligatorische Panamericana-Kühlergrill und eine aktive Aerodynamik.

Zum Mythos SL gehören aber auch immer technische Neuheiten. Die 360-Grad-Kamera agiert im Zusammenspiel mit den Radarsensoren und wenn sich ein Objekt näher als 30 Zentimeter an die Karosserie herankommt, biegt sich die Abgrenzung nach innen und wechselt passend die Farbe. Bei Rot besteht Kollisionsgefahr.

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Das bringt uns zum Innenraum. Der nimmt mit einem senkrecht stehenden Display Anleihen bei der S-Klasse, ohne jedoch in die Anzeigen-Opulenz des Luxuskreuzers zu verfallen. Vor allem das Instrumenten-Display fällt deutlich kleiner aus und die Neigung des zentralen 11,9 Zoll großen Touchscreens über der Mittelkonsole lässt sich per Knopfdruck verstellen, damit man bei allen Licht- und Sonnenverhältnissen die Anzeigen ablesen kann. Ergänzt wird das Szenario durch das Sportlenkrad mit seinen drei Doppelspeichen mit den Touchpads und den runden Knöpfen für die Fahrmodi und die Dämpfer befinden.

Standesgemäß nimmt man auf Sitzen, die mit feinem gestepptem Leder bezogen sind, Platz und die Applikationen aus Klavierlack oder Chrom vervollständigen den Nobel-Eindruck. Wem jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft, sollte zu sparen beginnen, denn ein Schnäppchen wird die Neuauflage der Ikone sicher nicht, die Anfang nächsten Jahres auf den Markt kommt. 

TEXT Wolfgang Gomoll; press-inform 

LESENSWERT.
WALTER.