Um einige möglicherweise jetzt und hier auftauchende Fragen gleich von vornherein zu beantworten: Ja, bei Osnabrück gibt es eine Bergrennstrecke! Sie ist exakt 2,03 Kilometer lang, liegt in der Borgloher Schweiz, nennt sich „Uphöfener Berg“ und hat es durchaus in sich. Die mehrere hundert Meter lange Startgerade steigt sanft an, ein scharfer Linksknick schließt sie ab, danach wartet der technisch anspruchsvolle Teil auf die Gipfelstürmer.
Wenn Keith Edwards samt seines roten Audi Sport Quattro S1 in diesen Part zwei des Kurses eintaucht, reiben sich die vielen Zuschauer entlang der Beginn-Passage angesichts der soeben live miterlebten Beschleunigungsorgie noch immer staunend die Augen, kneifen sich mehr oder minder fest irgendwohin und fragen: „Was war das denn, das war ja absolut irre, gibt’s das wirklich?“ Auch darauf ein klares Ja.
Beste Traktion und gewaltiger Vorschub sorgen dafür, dass Keith und sein Gerät bei allen Startzeit-Messungen stets absolute Spitzenwerte setzen. Ganz so wie dies die Allrad-Turbo-Boliden der legendären Gruppe B-Zeit schon immer draufhatten, die für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h weniger als 3(!) Sekunden benötigten. Und damit in dieser Übung auf Formel 1-Niveau waren, aber im Gegensatz zu den Grand-Prix-Monopostos dazu weder fette Slickreifen noch asphaltierten Untergrund benötigten.
Dinge also, die Keith Edwards mit seinem „Gruppe B+ Auto“ heutzutage durchaus nutzt, um sich immer wieder katapultartig in all jene Pisten zu schießen, die er bei Bergrennen, Beschleunigungs-Events und Show-Veranstaltungen findet. Wie ich auf „B+“ komme? Nun, einfach wegen der Eingangsbemerkung, dass die Replica von Keith mehr „Dampf unter der Haube“ hat als Walter Röhrls S1, mit dem der „Lange“ 1987 das „Race to the Clouds“ in Colorado mit der Rekordzeit von 10:47 Minuten für die 19,99 Kilometer bergauf gewonnen hat. Das „B+“ steht also für die Mehrpower des Keith Edwards Quattros, dessen Details wir uns nun gemeinsam anschauen wollen.
Beginnen wir in der Jugendzeit, in der sich Keith mit seinen Kumpels so ab 16 oder 17 in diversen Escorts bei Rallyes austobte. Daraus wurde sehr schnell Passion, die später die Faszination für die Gruppe B einschloss. 1992 kam der Audi Sport Quattro ins Haus, den Keith heute noch einsetzt. In der seitdem verstrichenen Zeitspanne mutierte dieser vom Serienauto zur aktuellen Pikes Peak Variante, durchlief viele Modifikationsstufen. In der ersten, bis etwa 2000 dauernden Phase eins erfolgte der Grundumbau zum Bergrenner.
Dabei griff Keith Edwards wiederholt auf die Dienste von Keith Murray und dessen Unternehmen „Dialynx Performance“ zurück, stemmte obendrein auch noch den Weg in die berufliche Selbständigkeit, eröffnete 1994 im Städtchen Ulverston (Cumbria) sein Autohaus. 2010 startete, inspiriert durch den unvergessenen Tom Hammonds, der kurz zuvor einen Ex-Werks Audi S1 Quattro zur Pikes Peak Edition aufgerüstet hatte, die ganz heiße zweite Umbau-Phase. In der Keith Edwards wieder auf den Technik-Support des „nur“ schlappe 385 Kilometer weiter südlich in Lydiard Millicent ansässigen Keith Murray vertraute, die jeweils knapp 5 Stunden Autofahrt zu „Dialynx Performance“ in Kauf nehmend.
Aber solche logistischen „Peanuts“ spielen sicher keine Rolle mehr, wenn man auf das Resultat der intensiven Bemühungen schaut. Das, so Keith Murray „in vielen kleinen Schritten hart erarbeitet wurde“. Lasst uns als erstes den Motor betrachten, den soundgewaltigen Reihen-5-Zylinder mit Alu-Block und 20-Ventil-Zylinderkopf, dessen Ur-Konzept von Lehmann Motorentechnik in Liechtenstein stammt. Darauf aufbauend legten unsere englischen Sportsfreunde noch eine gewaltige Schippe nach, vergrößerten zunächst den Hubraum von 2.133 cm3 bis auf knappe 2,4 Liter.