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Mercedes SL R129 als Reimport aus Japan.

Back from Japan? Ja oder lieber nicht? Viele viele hundert Mercedes SL R129 hat Sven Wiebe aus Reutlingen vom japanischen Markt zurück nach Deutschland geholt. Für uns ist er bereit, ein für alle mal aufzuklären, ob Reimporte aus dem Land der aufgehenden und heißen Sonne bedenkenlos empfehlenswert sind. Jeder von uns hat schließlich schon mal mit einem der Niedrigkilometer-Boliden geliebäugelt …

Herr Wiebe. Wenn einer Bescheid weiß über japanische 129er SL, dann sind Sie es. Seit wann holen Sie diese Wagen nach Deutschland zurück? 

Seit 2005.

Und warum? 

(lacht) Das darf man gar nicht schreiben (lacht). Weil ich einfach einen haben wollte. Der 129er war schon immer mein Traumauto. Ich habe vor 2005 mit W124 und W202 Mercedes gehandelt, aber einen SL konnte ich mir nicht so einfach leisten. Irgendwann bei einem Feierabendbier hab ich mit einem Kumpel gesprochen, der schon Einiges importiert hatte. Aber mehr japanische Autos. Der meinte: probier doch einfach mal. Und da hab ich gleich den ersten gefunden. SL 500 mit AMG-Paket in Perlmuttgrau. Für 7.000 Euro stand der hier. Das kann sich heute keiner mehr vorstellen. 

Mal zwischendurch eine kurze Frage: heißt es eigentlich Japan-Importe oder Japan-Reimporte?

Reimporte. Japan-Importe sind Autos, die in Japan gebaut und dann nach Deutschland kommen. Aber die Mercedes wurden ja damals von Deutschland nach Japan exportiert, darum sind es jetzt Reimporte.

Gut, dass einer von uns auf der Schule war. Wieviele Autos haben Sie mittlerweile schon aus Japan reimportiert?

Weit über 700 Stück. Genau hab ich es aber schon ein paar Jahre nicht mehr gezählt. 

Mercedes SL R129 Reimport Japan5

Wow. Ok. Und waren das alles SL R129?

Am Anfang hab ich ein bisschen experimentiert. G 55, G 500, W140, R 230, aber dann hab ich mich doch auf 129er fixiert. Weil ich diese Autos am besten verstehe. Ich hatte auch früh angefangen mich mit der Verdeckhydraulik zu befassen, ich bin ja gelernter Kfz-Mechaniker. Am Anfang waren die Autos noch besser beieinander. Verdeckhydraulik, ja, war immer ein Thema, aber sonst: neue Batterie, neue Reifen, waschen und verkaufen (lacht).

Natürlich locken meist die niedrigen Kilometerstände. Kann man denen trauen? Und wie sind sie einzuordnen? Stimmt denn die Mär, dass alle Autos in Japan immer im Stau stehen und es mehr um Betriebsstunden als um Kilometerstände geht?

Das mit dem Stau ist ein Vorurteil. Man muss einmal nach Tokyo reisen um es zu sehen. Japaner, die solche Autos fahren, müssen nicht zu einer bestimmten Zeit irgendwo sein. Die fahren damit zum Golf spielen außerhalb der Staus. Wir finden ganz oft noch Golfbälle und Golfschläger in den Autos. Bei teuren, älteren Mercedes kann man einfach davon ausgehen, dass es reiche Japaner sind, die nicht im Stau zur Arbeit fahren. Die Staugeschichte ist sowieso erst in den letzten 10 Jahren aufgekommen. Vor 30 Jahren war auch in Tokyo wenig Stau. Und in München oder Stuttgart haben Sie ganz sicher nicht weniger Stau (lächelt). Die Motoren und Getriebe sind garantiert nicht verschlissen. Alle Zylinderköpfe dieser Autos sind völlig ohne Ablagerungen, das ist schon erstaunlich.

Und zu den Kilometerständen: Ich habe mich mit vielen Japanern vor Ort unterhalten, es ist sehr streng dort mit Kilometerständen. Das passiert dort garantiert seltener als in Deutschland, das kann ich ihnen versichern. Ich hab Autos schon oft verglichen, deutsche und japanische Mercedes. Mit gleichen Kilometerständen. Autos in Japan sind anders gepflegt. Die sind immer gleich. In Deutschland gibt es unterschiedliche Zustände, je nach Nutzung. In Japan weiß man, was man bei einem bestimmten Kilometerstand bekommt.

Mercedes SL R129 Reimport Japan4

Auf welche Papiere muss man achten? Es geht ja das Gerücht um, dass die Scheckhefte nicht mitgegeben werden dürfen. Stimmt das oder sind wir hier schon der ersten Falle auf der Spur?

Mit den Scheckheften ist es so: man muss wählerisch sein. Oft wird angegeben, dass das Serviceheft dabei ist, ist es dann aber nicht. Ich kaufe meine Autos aber nur mit Serviceheft. Dadurch bekomme ich natürlich auch nur wenig Ware, aber für mich ist das Voraussetzung. Aber: es sind oft Adressen vom Vorbesitzer rausgeschnitten oder unkenntlich gemacht. Weil Japaner nicht wollen, dass man soviel Privates über sie erfährt.

Auch im Exportzertifikat findet sich zwar eine Adresse, aber immer die eines Brokers, weil Japaner niemals ihre Autos selbst verkaufen würden. Die Anzahl der Vorhalter wird angegeben, davon ist aber immer einer der Zwischenhändler. Es wechseln dort auch Autos selten privat den Besitzer. Der Japaner behält den Wagen solange es geht, weil niemand in Japan gern ein gebrauchtes Auto kauft. Wer da kein Geld für einen neuen SL hat, kauft eben eine neue C-Klasse. Da passiert es nicht wie in Deutschland, wo Leute einen gebrauchten A8 kaufen und dann kein Geld mehr haben zum Tanken (lacht).

Auch sagt man, dass bei Japan-Reimporten oft noch in Japan die Lenkräder gegen neue getauscht werden, manchmal sogar die Sitze. Ist da was dran?

Das gibt es nicht öfter als hier. Es ist zum Beispiel gar nichts dran, dass die getauscht werden, weil Japaner nichts Gebrauchtes anfassen wollen. Theoretisch ja, aber sie kaufen darum ja gar nichts Gebrauchtes. Wenn, ist es höchstens mal, weil das Auto nur in der Stadt gefahren wurde und dann nach 70.000 das Lenkrad einfach nicht mehr schön war. Japanische Mercedes sind keine Langstreckenautos!

Was sind die typischen Schwachstellen von Japan-Mercedessen? 

Gummis! Domlager tauschen wir immer sofort, weil die kleine Risse haben. Anschlagpuffer und Staubmanschette an den Stoßdämpfern, Manschetten Querlenker/Spurstangen. Lagerungsgummis von der Schaltkulisse tauschen wir auch oft. Scheinwerfergläser sind gern ausgeblichen, Motorhaubenmatte, Reifen, Batterie. Das machen wir an JEDEM Auto. Wir. Sicher nicht jeder … Natürlich die Verdeckhydraulik, da sind wir ja in Deutschland die Spezialisten, das kommt sowieso immer. Auch bei deutschen Autos.

Und dann vereinzelt die Hitzeschäden. Die Durchschnittstemperatur in Japan ist einfach höher, darum auch die Gummisachen. Die Ablösungen von Kunstleder am Hardtop findet man recht oft, aber auch bei deutschen Autos, die in der Sonne standen. Motorkabelbäume waren ein Daimler-Problem von ’92 bis ’95 beim 320 und 500. Aber schon in Bremen. Da sieht man keine Extra-Auffälligkeiten bei Japanern. Und der Lack: Abplatzer findet man mal bei Fahrzeugen, die irgendwo acht Jahre stehen. Aber das ist eher selten. Viel schlimmer ist sowas in den USA. Aber ganz ehrlich: ich kauf sie dann einfach nicht. Wenn dann höchstens mal, weil ich eine besondere Innenausstattung wollte.

Und was sind die Vorzüge? Hoffentlich überwiegen die.

Rostfrei. Absolut rostfrei. Und die geringe Laufleistung. Und die ist so! Diesen Unfug von den Betriebsstunden kann man wirklich vergessen. Ich sehe ja die Motoren: die sind makellos, wenn man die aufmacht. Die werden ja auch nie getreten, aber immer gewartet.

Mercedes SL R129 Reimport Japan3

Woran erkennt man den seriösen Importeur? 

Wenn der Händler nichts gegen eine Überprüfung eines Gutachters hat. Und Bewertungen im Internet. Die lügen nicht alle. Ich denke, dass kluge Menschen Bewertungen schon richtig einschätzen können.

Wie läuft so ein Reimport eigentlich? Wie lange dauert es? Was ist alles zu tun und am Ende umzurüsten? Radio wissen wir schonmal, weil es in Japan andere Frequenzen gibt …

Früher wurden uns Angebote geschickt, jetzt läuft fast alles über Auktionen, weil die Autos knapp werden. Wir reden heute natürlich nur über 129er, das gilt bestimmt nicht für jedes Auto. Ich habe vertrauenswürdige Agenten vor Ort, die sich die Autos bei den Auktionen live anschauen. Ich erfahre dann VORHER ob es Schäden gibt, ob man dem Kilometerstand glauben kann. Das geht nur mit einem Mann vor Ort, sonst käme man in Teufels Küche. „Glaube, glaube nicht“ – das ist mein Motto und das ermitteln wir gemeinsam. Es geht auch um Gerüche. Riecht der Wagen neu, mufft er, sieht man Hundehaare? Das geht nur mit Leuten vor Ort. Der Agent ersteigert das Auto dann, organisiert den Transport zum Hafen und die Überfahrt. Ich kaufe auch keine Autos die nicht fahrbereit sind.

Wir starten die Wagen auch vor dem Gebot. Auch wegen der Elektrik. Dächer probieren wir aber nie, weil die Hydraulik meist kaputt ist und wir sie eh erneuern. Und wenn die Dächer dann stehen bleiben oder die Leitungen lecken … lieber nicht. Meine Autos fahren immer auf eigener Achse aufs Schiff. Geht theoretisch auch mit Container oder Palette, aber das mache ich nicht. Man bekommt immer Kratzer im Container vom Durchquetschen beim Aussteigen. Und man weiß nicht, wie die Leute fahren können. Meine Autos nur auf eigener Achse. Punkt. Im Sommer vergehen circa zweieinhalb Monate von der Auktion bis zur Ankunft in Bremerhaven, im Winter dreieinhalb Monate. Bei mir sind es in der Regel vier bis acht Fahrzeuge auf einmal, die dann im geschlossenem Autotransporter von MenaKlars aus Metzingen zu mir geholt werden.

Mercedes SL R129 Reimport Japan2

Ist es empfehlenswert, das selbst zu versuchen oder sollte man lieber auf erfahrene Händler vertrauen? Und wenn selbst: Hinfliegen oder dem Internet vertrauen? Wo guckt man überhaupt?

Wenn man alles selbst reparieren kann, eine Werkstatt hat, dann kann man es probieren. Aber: man muss eine Kaution überweisen vor dem Kauf. Und du weißt nie, an wen die geht, wenn du die Leute nicht kennst. Mein Kanal ist sicher. Es gibt aber mehr unsichere als sichere. Da gibt es krasse Betrüger. Ich sag ganz ehrlich: wenn einer selbst einen SL importiert, wird er am Ende doppelt so teuer wie bei mir. Lasst es. Wirklich. Vor 10 Jahren ging das noch, heute nicht mehr.

Was hat sich in den letzten Jahren geändert? Preise, Kosten, Zustände, Verfügbarkeit?

Preise für die Autos sind klar gestiegen. Aber das ist ja wie überall. Sehr heftig: die Transportkosten sind doppelt so hoch wie vor 5 Jahren. Damals hat man noch rund 1.500 Euro bis nach Bremerhaven bezahlt. Mein letzter Transport war 3.000 Euro. Pro Auto.

Wie schon gesagt, man muss jetzt viel mehr machen an den Autos. Sie sind halt auch älter geworden, das darf man nicht vergessen. 

Ihre Meinung zu US-Importen? Wie ist die Qualität der Autos im Vergleich zu Japanischen? Letztlich sind es ja alles deutsche Autos.

Gar kein Vergleich. Wirklich. Japaner sind fast immer bei Mercedes scheckheftgeplfegt. Es gibt vielleicht auch Gute in den USA, aber die sind sicher nicht günstig. Servicemangel und Verschleiß im Innenraum sind viel größer in den USA. Und Carfax ist auch nicht verlässlich. Wenn Schäden nicht über die Versicherung abgerechnet werden, dann steht da auch nichts. Und das passiert häufiger als man denkt. Schäden sind oft groß und schlecht gemacht.

Was sind ihre Highlight-Autos aus den letzten Jahren. Zwei hab ich gerade schon draußen gesehen ….

Der Gelbe ist natürlich schon ein besonders schöner. SL 500 in Yellowstone, Baujahr 1997. Es gab nur 24 Fahrzeuge in Yellowstone. 24!!!  Und meiner ist auch noch mit AMG-Paket ab Werk. Ich hatte auch mal einen in Violan, davon gab es 40 produzierte. Und mindestens 15 König-Umbauten hatte ich. Könige! Und ein paar  Autos mit 4.000 und 6.000 Kilometern auf dem Tacho …

Mercedes SL R129 Reimport Japan1

Ach so, nicht so ein Taxi wie der weiße 500 SL da draußen mit 17.000 Kilometern …

LACHT

Das ist mein Favorit. Blaue Stoff-Karositze und noch die Folien in den Einstiegen und sogar komplette Werksfolierung auf den Sicherheitsgurten! Hammer!

49.900 Euro und Sie fahren Ihr letztes Auto (lacht)!

Hmpf. Weiter im Text: Was war Ihr größter Reinfall oder die größte Enttäuschung?

Es war mal einer in Blauschwarz, der war auch nicht günstig. Egal was man in die Hand genommen hat, es war kaputt. Zusammengebaut aus 20 anderen Autos. Alles geflickt, auch die Kabel, schlimm. Das war einer meiner ersten und sozusagen mein Lehrgeld. Ich hab natürlich alles repariert. Leitungen wieder gelötet, das war wirklich furchtbar, hat auch schlimm gerochen. Verstehen Sie es als Warnung für den eigenen Import. Man kann es probieren, aber hey, viel Glück. Auf keinen Fall Geld überweisen an Leute, die nicht jemand kennt den man kennt.

Wir machen ja nicht waschen und verkaufen. Da kenn ich einige. Meine Reparaturkosten sind immens! Und nicht vergessen: 10 Prozent Zoll und 19 Prozent Umsatzsteuer. 30.000 in Japan, 3.000 Transport, 10.000 Zoll und Steuer … und dann ist noch NICHTS repariert … 

Fahren Sie selbst einen „Japaner“?

Der Gelbe, klar. Ich hab den zwar inseriert, aber das ist meiner, auf mich zugelassen. 

Und für meinen Sohn, der ist jetzt 19, hab ich gerade einen geholt. Der ist in einer Clique mit so Hondas. Das geht natürlich gar nicht. Darum hab ich ihm jetzt einen König Special 500 SL aus 1995 gekauft. Den bauen wir zusammen auf als Vater-Sohn-Projekt. Er will da noch seinen Schnickschnack mit reinhaben, mit Airride-Fahrwerk (schlägt die Hände über Kopf zusammen), aber das wird ein schönes Vater-Sohn-Projekt.

Mercedes SL R129 Reimport Japan6

Kann man Sie auch beauftragen mit der Suche nach dem persönlichen Wunschauto?

Nein, das mache ich nicht. Erstens kann man keine endgültigen Preise nennen, weil man ja erst hier sieht, was wirklich ist. Und zweitens kaufe ich die Guten ja sowieso. Und was ich nicht kaufe, ist auch nicht gut. Ich habe immer 20 bis 30 Fahrzeuge hier. Wenn hier nichts dabei ist, dann wird es eh schwer.

Ihr persönlicher und gut gemeinter Rat an die Leser des WALTER-Magazins: Japan Re-Import kaufen – ja oder nein? 

Machen! Aber Angebote vergleichen. Man muss sich ein Bild machen, was man für sein Geld bekommt. Für 20.000 gibt es keinen guten SL mehr, das muss einem klar sein. Ein guter SL ist 30, 40. Und die seltenen Top-Autos darüber. Am liebsten einen Gutachter mitbringen. Glaubt einfach nicht, dass ein deutsches Auto prinzipiell besser ist als ein Japaner. Unsinn. Man muss Autos vergleichen. Ich sage immer: nicht gleich lange Wege zu mir nach Reutlingen machen. Erstmal deutsche Autos in der Nachbarschaft anschauen. Und DANN zu mir, damit Sie besser einschätzen und sehen können, was man bei einem Spezialisten für sein Geld bekommt und was da draußen sonst wirklich los ist. 

Herr Wiebe. Danke. Fahren wir noch ne Runde mit dem Gelben? Der hat ja eh schon fast 50.000 auf dem Tacho …

Wir können auch den Weißen mit 17.000 nehmen. Aber dann wollen Sie nicht mehr aussteigen (lacht).

Da, guckt gern mal: www.r129-wiebe.de

INTERVIEW und FOTOS Thomas Senn

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