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Mate Rimac. Der europäische Elon Musk.

Seit mehr als einem Jahrzehnt treibt Elon Musk die weltweite Autoindustrie mit seinen elektrischen Tesla-Modellen vor sich her. Doch noch vor Elon Musk hatte Mate Rimac Gefallen an der Elektromobilität gefunden. Jetzt hilft der Kroate anderen Autoherstellern, den Abstand zu Tesla zu verkleinern und verwirklicht sich seinen ganz eigenen Traum von einem Hypersportler.

Mate Rimac ist in der Autoszene kein unbeschriebenes Blatt, doch in der Öffentlichkeit steht der gerade einmal 33jährige erst seit wenigen Jahren. Besucht man ihn an seinem Firmensitz in Sveta Nedelja, rund 15 Minuten westlich der kroatischen Metropole Zagreb, scheint die Welt in dem kleinen Gewerbegebiet stehen geblieben zu sein. Allein die großen blauen Schilder mit den modernen Schriftzeichen und dem Rimac-Signet scheinen hier irgendwie nicht in die Gegend zu passen.

Die Firmenzentrale selbst ist so modern und nüchtern, dass sie wohl auch in Kalifornien, Tel Aviv oder Singapur sehen könnte. Doch Mate Rimac ist heimatverbundener denn je. Seine eigentliche Firma gründete er exakt vor zehn Jahren – Anfang April 2011. Eine Dekade später ist der Betrieb des einstigen YouTube-Stars nicht wiederzuerkennen. Sein dunkler Bart ist ein ganzes Stück länger als im Frühjahr 2011, doch das spitzbübische Lächeln ist geblieben.

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„Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Monat unseren 1.000 Mitarbeiter einstellen“, sagt Mate Rimac freundlich und ruhig, „ich schlafe mittlerweile viel ruhiger. Seit zwei oder drei Jahren muss ich mir nicht täglich Sorgen um die Zukunft meiner Firma und die Bezahlung der Mitarbeiter machen.“

Der Autofan kann perfektes deutsch, denn wegen des Jugoslawien-Krieges flohen seine Eltern 1991 nach Frankfurt und holten ihn kurz danach von den Großeltern hinterher. Im Jahre 2000 kehrte die Familie wieder ins heutige Kroatien zurück.

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Autobegeistert war Mate Rimac damals so wie heute. Als das Sechszylinderaggregat seines getunten BMW E30 bei einem Driftrennen explodierte, hatte er kein Geld für den Traummotor, einen Fünfliter-V8 aus dem BMW M5. Kurzerhand baute Rimac den Elektromotor eines Gabelstaplers in seinen grünen Dreier BMW ein. Anfänglich gab es bei den Rennen nicht nur Spott, sondern auch Misserfolge am laufenden Band.

Karrierestart als YouTuber

„Ich habe Woche für Woche an dem Auto herumgebastelt und den BMW immer schneller gemacht“, erinnert er sich. Letztlich putzte der auf 600 PS erstarkte Elektro-Frankenstein die gesamte Konkurrenz und seine YouTube-Clips gingen um die Welt. Parallel zu Rennen, Schule und Studium bastelte er im Geiste an seinem Traumwagen herum – einem elektrischen Hypersportwagen mit mehr als 1.000 PS, der nicht weniger als das schnellste Elektroauto der Welt sein wollte.

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Mehr Informationen

Als die Pläne immer konkreter wurden, stellte Mate Rimac zum April 2011 die ersten drei Mitarbeiter ein. Zwei Scheichs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden auf die kroatischen Tüftler aufmerksam und erteilten ihm Anfang 2013 den Auftrag, jenes Elektroauto Realität werden zu lassen.

Einziger Nachteil: bisher gab es den Rimac C One ausschließlich in seinem Kopf, auf dem Papier und in elektronischen Konstruktionszeichnungen auf dem Computer. Und die beiden reichen Kunden hatten zwar Geld vorgeschossen, doch sich garantieren lassen, dass der Prototyp auf der Internationalen Automobilausstellung im Herbst 2013 seine Weltpremiere feiern sollte.

„Wir haben den Prototypen auf dem Weg zur IAA in Frankfurt noch im Lastwagen zusammengebaut“, erinnert sich Mate Rimac, „wir waren die letzten Tage vor der Messe nicht mehr zu Hause, haben Tag und Nacht an dem Wagen geschraubt und auf dem Boden geschlafen.“

Rimac C One

Doch auch wenn Mate Rimac den Elektroboliden stolz auf der IAA 2013 enthüllen konnte, floppte das Projekt, denn ihm ging das Geld aus und die Emiratis machten Druck, dass der Kroate mit seiner Firma nach Dubai übersiedeln solle. Doch der damals 25jährige verweigerte den Umzug – für ihn war der Rimac ein Auto aus Kroatien.

Plötzlich ohne Geldgeber musste er das Projekt über Nacht allein stemmen und sich neben der Entwicklung auch um die Finanzmittel kümmern. „Im Nachhinein das Beste, was mir passieren konnte. Doch ich war mit den paar Mitarbeitern darauf angewiesen, Geld zu verdienen, um den Wagen fertigzustellen – und zwar sofort.“

Mate Rimac Nico Rosberg 2

Überleben als Zulieferer

Für die dringend benötigten Einnahmen sollten Entwicklungsleistungen für die Autoindustrie sorgen. Die Klinkenputzerei hatte Erfolg und Rimac Automobili machte sich fortan nicht nur einen exzellenten Namen als Zulieferer von Technik für zukünftige Elektroautos der OEMs, sondern eben auch als höchst exklusiver Autoproduzent. In einer Kleinserie entstanden vom Rimac C One so immerhin acht Fahrzeuge – jeweils mit mehr als 1.000 Elektro-PS und über 350 km/h schnell.

Die Geschichte hört sich etwas an wie aus 1.001 Automobilnacht und nur schwerlich lassen sich Ähnlichkeiten mit Elektropionier Elon Musk verleugnen. Fragt man Mate Rimac nach einem Vergleich mit Musk, lächelt dieser entspannter denn je: „Das sollen andere entscheiden.“

Porsche steigt ein

Der Kroate macht keinen Hehl daraus, dass er mehr als stolz ist auf seine Firma Rimac Automobili, die sich mittlerweile nicht allein durch elektrische Hypersportwagen einen Namen gemacht hat. Porsche hat seine Beteiligung an Rimac jüngst von 15 auf 24 Prozent erhöht – ein Nachschlag scheint nicht ausgeschlossen. Schon seit längerem macht das Gerücht die Runde in der Automobilbranche, dass Rimac bald Bugatti zu einer reinen Elektromarke aufsteigen lassen soll.

Rimac Automobili ist nicht nur bei der Belegschaft mächtig gewachsen. Mittlerweile gibt es in Kroatien sechs Standorte mit dem Hauptsitz in Sveta Nedelja. Eine halbe Stunde entfernt wird in einem anderen Gewerbegebiet der Rimac C Two und nebenan das Schwestermodell Pininfarina Battista in einem aufwendigen Manufakturprozess gefertigt.

C TWO ASSEMBLY LINE

Dieses Jahr sollen es trotz Corona 15 bis 20 C Two werden; in einem vollen Jahr 50. „Doch bei 150 Fahrzeugen ist Schluss“, sagt der Autofan trocken, „wir wollen unseren Kunden keine Konkurrenz machen.“

„Elektroautos sind nicht die Lösung.“

Anders als viele andere sieht sich Mate Rimac nicht als ökologischen Bewahrer der Welt, der die Autos allein mit einem Stecker sieht. „Wer etwas für die Umwelt tun will, muss kein Elektroauto fahren, sondern sollte einfach weniger Fleisch essen“, sagt der überzeugte Veganer, „Elektroautos sind nicht die Lösung. Und das kommt von jemandem, der davon lebt.“

Seine Begeisterung für den Elektroantrieb stammt dabei keineswegs aus ökologischen Gesichtspunkten, sondern definiert sich allein über Technik und Performance. Das zeigt auch das eigene Privatauto, denn Mate Rimac bewegt im Alltag keineswegs ein Tesla Model S oder einen Porsche Taycan. „Ich fahre privat einen BMW M5“, lächelt Mate Rimac, „und vielleicht kann ich mir irgendwann einmal auch einen C Two leisten. Das ist das Auto, was ich in meinen Träumen schon immer habe bauen wollen.“

Rimac C Two Prototype 2

Das laufende Jahr dürfte für Mate Rimac und seine Firma außergewöhnlich sein. Das liegt weder an dem neuerlichen 70-Milionen-Euro-Engagement von Porsche in die kroatische Firma oder an den ersten Auslieferungen des über 1.900 PS starken C Two, sondern am ersten Spatenstich für den Rimac Campus, der in den nächsten drei Jahren in einem Außenbezirk von Zagreb entstehen soll.

Die Zukunft ist geplant

Nach Vorbild von Apple, Google und Co. soll hier in den nächsten drei Jahren ein Kreativzentrum für Arbeit, Freizeit und 2.500 Menschen entstehen. Neben modernen Büros gibt es Kindertageseinrichtungen, Geschäfte, ein Hotel und Fitnesscenter für die Mitarbeiter. Rund um das Rimac Campus sollen Gärten bewirtschaftet werden und Tiere grasen, während ein kleines Museum Zeugnis von den Anfängen der Firma Rimac Automobili gibt.

Rimac C Two Prototype 8

Das große Geschäft will Rimac in den kommenden zehn Jahren als Zulieferer von Elektronikteilen für die weltweite Autoindustrie machen – entsprechende Verträge mit Konzernen wie Porsche, Hyundai, Pininfarina oder Aston Martin klingen da sehr vielversprechend.

Im Fokus steht jedoch die Mobilität von übermorgen – und da soll das eigene Auto keine große Rolle mehr spielen. Hier blickt Mate Rimac eher auf Anbieter von kompletten Mobilitätslösungen wie Uber oder Waymo. Die eigenen Hypersportler soll das jedoch nicht in Gefahr bringen; sie sind im eigenen Geschäftsmodell gesetzt: „Das ist wie mit den Rennpferden. Die wird es immer geben.“

TEXT Stefan Grundhoff

LESENSWERT.
WALTER.